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Phagen: Natürliche Viren als potenzielle Alternative zu Antibiotika

Phagen sind Viren, die spezifisch Bakterien infizieren und eine natürliche, umweltfreundliche Option zur Bekämpfung bakterieller Infektionen darstellen könnten. Diese Viren sind in der Natur äußerst verbreitet, mit Schätzungen zufolge zehnmal mehr Bakteriophagen als Bakterien weltweit. In aquatischen und terrestrischen Umgebungen sind sie in hohen Konzentrationen vorhanden, was ihre potenzielle Nutzbarkeit in verschiedenen Anwendungsbereichen unterstreicht.

Sophie Kittler vom Institut für Lebensmittelsicherheit an der Stiftung Tierärztliche Hochschule erklärt, dass Phagen für 20 bis 50% der Bakterieninaktivierungen verantwortlich sind. Ihre Stabilität in der Umwelt und ihre Fähigkeit, gezielt bestimmte Bakterien zu attackieren, machen sie besonders interessant für therapeutische Anwendungen. Insbesondere lytische Phagen, die sich in Bakterienzellen vermehren und diese zum Platzen bringen, sind hier von Bedeutung.

Ein weiterer signifikanter Vorteil von Phagen ist ihre Wirksamkeit gegenüber antibiotikaresistenten Bakterien. Forschungen zeigen, dass Phagen die Struktur von Bakterien so verändern können, dass diese wieder empfänglich für Antibiotika werden. Allerdings besteht auch die Möglichkeit, dass Bakterien Resistenz gegen Phagen entwickeln, oft durch genetische Anpassungen, die jedoch ihre Virulenz oder Fitness beeinträchtigen können.

Trotz der Herausforderungen in Bezug auf Resistenz zeigen Versuche, wie jene an der Geflügelklinik der TiHo, dass Phagen in Kombination mit anderen Substanzen wie organischen Säuren und Kurkumin effektiv die Konzentration von Pathogenen wie Campylobacter reduzieren können. Dr. Erwin Sieverding, ein Geflügeltierarzt, betont, dass durch die Kombination verschiedener Produkte eine potenzierte Wirkung erreicht wird, wobei die Phagen sich um die Hauptkeime kümmern.

Trotz des Potenzials von Phagen ist deren Einsatz in der Tiermedizin in Deutschland noch nicht rechtlich geklärt, und es gibt keine zugelassenen Phagen-Präparate für den direkten Einsatz. Die Standardisierung der Phagenmenge in Produkten stellt eine weitere Herausforderung dar, insbesondere wegen der Notwendigkeit, diese regelmäßig aufgrund von Resistenzentwicklungen zu aktualisieren. Im Gegensatz dazu sind in einigen europäischen Ländern bereits Phagenpräparate erhältlich.

Sieverding sieht eine wichtige Rolle für Phagen in der Metaphylaxe, insbesondere zur Vorbeugung von Krankheiten vor dem Auftreten von Symptomen. Phagen bieten den Vorteil, dass sie keine langfristigen Umweltauswirkungen haben, da sie absterben, wenn keine Zielbakterien mehr vorhanden sind. Diese Eigenschaften, kombiniert mit ihrer Fähigkeit, in Kombinationstherapien eingesetzt zu werden, könnten Phagen zu einer wertvollen Ergänzung in der modernen Tiermedizin machen.

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