Ein Entwurf der agrarpolitischen „Vision“ von EU-Agrarkommissar Christophe Hansen ist in Brüssel vorab bekannt geworden. Die offizielle Vorstellung der Pläne ist für den kommenden Mittwoch, den 19. Februar, geplant.
Der Entwurf aus Brüssel zeigt, dass EU-Agrarkommissar Christophe Hansen an den Direktzahlungen für Landwirte festhalten möchte. Gleichzeitig plant er, bürokratische Hürden abzubauen und Investitionen in der Landwirtschaft zu fördern. Das Dokument, das am kommenden Mittwoch offiziell vorgestellt werden soll, enthält zentrale Punkte seiner agrarpolitischen Vision.
Hansen möchte die Direktzahlungen als wichtiges Instrument zur Einkommenssicherung beibehalten. Diese Zahlungen machten im Jahr 2020 durchschnittlich etwa 23 Prozent des landwirtschaftlichen Einkommens aus. Der Entwurf greift dabei Empfehlungen aus dem Strategischen Dialog zur EU-Agrarpolitik auf. Ziel ist es, die Landwirte in der Wertschöpfungskette zu stärken, Investitionen anzukurbeln und die Einhaltung von EU-Standards bei Agrarimporten sicherzustellen.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Vereinfachung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Hansen plant, noch vor der Sommerpause ein Maßnahmenpaket vorzulegen, das die GAP effizienter und zielgerichteter gestalten soll. Besonders kleine und mittlere Betriebe sollen davon profitieren, indem sie von unnötigem Verwaltungsaufwand entlastet werden. Auch die bisherigen Kontrollmechanismen könnten gestrafft werden.
Die GAP-Unterstützung soll künftig stärker auf Betriebe ausgerichtet werden, die aktiv zur Ernährungssicherheit, zur wirtschaftlichen Stabilität und zum Umweltschutz beitragen. Betriebe in benachteiligten Regionen, Junglandwirte, Neueinsteiger und Gemischtbetriebe werden dabei besonders berücksichtigt. Eine feste Obergrenze für Direktzahlungen ist jedoch nicht vorgesehen. Stattdessen soll eine Kappung der Zahlungen flexibel an die strukturellen und sektoralen Gegebenheiten der Mitgliedstaaten angepasst werden. Derzeit liegt die fakultative Obergrenze bei 100.000 Euro pro Betrieb.
Der Entwurf betont zudem die Notwendigkeit, Investitionen in der Landwirtschaft zu fördern. Allein im Jahr 2022 fehlten dem Agrarsektor rund 62 Milliarden Euro an Finanzmitteln. Vor allem Junglandwirte und Frauen hätten Schwierigkeiten, Fremdkapital zu erhalten. Gründe dafür sind unter anderem die wirtschaftliche Unsicherheit kleiner Betriebe, schwankende Rentabilität und Risiken wie Wetterextreme oder volatile Rohstoffpreise. Um dies zu ändern, soll die Zusammenarbeit mit der Europäischen Investitionsbank (EIB) intensiviert werden.
Ein weiteres wichtiges Thema ist der Generationswechsel in der Landwirtschaft. Hansen möchte die Attraktivität des Agrarsektors für junge Menschen und Neueinsteiger erhöhen. Dazu sollen unter anderem der Zugang zu Agrarland verbessert und eine EU-Beobachtungsstelle für landwirtschaftliche Nutzflächen eingerichtet werden. Diese soll mehr Transparenz bei Landtransaktionen, Preisentwicklungen und Nutzungsrechten schaffen. Allerdings wird betont, dass der Generationswechsel nicht allein durch die GAP bewältigt werden kann. Ein gesamtgesellschaftlicher Ansatz sei notwendig, der verschiedene Politikbereiche und Zuständigkeiten einbezieht.
Im Bereich der Lebensmittelkette unterstützt der Entwurf die Forderung der Landwirte nach höheren Markteinkommen. Geplant ist, die Rechtsvorschriften der Gemeinsamen Marktordnung (GMO) anzupassen und die Durchsetzung von Regelungen gegen unlautere Handelspraktiken zu stärken. Damit sollen Ungleichgewichte in der Lebensmittelkette, die vor allem die Primärerzeuger belasten, ausgeglichen werden.
Für Ende 2025 kündigt Hansen eine neue Bioökonomie-Strategie an, mit der die EU eine führende Rolle in diesem Bereich einnehmen soll. Zudem wird Carbon Farming als zusätzliche Einkommensquelle für Landwirte genannt. Diese Maßnahmen sollen dazu beitragen, die Landwirtschaft zukunftsfähig zu machen und gleichzeitig die Umwelt zu schützen.