Professor Andreas Klärner vom Thünen-Institut stellt fest, dass das Leben auf dem Land für viele Menschen attraktiv ist und sie dort eine hohe Lebensqualität genießen. Allerdings bedarf es zur Aufrechterhaltung und Verbesserung dieser Lebensbedingungen einer verstärkten finanziellen Unterstützung der Kommunen. In der wissenschaftlichen Auseinandersetzung werden drei Dimensionen des Gefühls, abgehängt zu sein, unterschieden: die ökonomische, die kulturelle und die infrastrukturelle.
In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Forschung vermehrt den Differenzen zwischen städtischen und ländlichen Lebensräumen gewidmet. Anfangs lag der Fokus primär auf ökonomischen Aspekten, später wurden auch kulturelle Faktoren berücksichtigt. Eindeutige Ergebnisse, was das Gefühl des Abgehängtseins konkret ausmacht, liegen jedoch nicht vor. Die Diskussion um die Vernachlässigung ländlicher Regionen erreichte Deutschland vor rund einem Jahrzehnt, beeinflusst durch Phänomene wie Donald Trumps Erfolg und das Brexit-Referendum.
Obwohl es regionale Unterschiede in der Daseinsvorsorge und Lebensqualität gibt, zeigt sich in Deutschland keine strikte Trennung zwischen Stadt und Land. Die Infrastruktur ist zwar weitgehend ausgebaut, jedoch existieren sowohl wirtschaftlich starke als auch schwache ländliche Gebiete. Ein bedeutender Nachteil für den ländlichen Raum ist die unzureichende Verfügbarkeit von Breitband und Mobilfunk, was ihn im Wettbewerb benachteiligt. Dennoch ist ein Trend zur Binnenmigration von der Stadt aufs Land erkennbar.
Es gibt keine empirischen Belege für eine grundsätzliche Spaltung zwischen urbanen und ruralen Regionen in Deutschland. Stattdessen bestehen unterschiedliche Bedürfnisse, die eine gezielte Entwicklungspolitik erfordern. Um die Lebensverhältnisse im ländlichen Raum zu verbessern, ist eine bessere finanzielle Ausstattung der Kommunen notwendig. Maßnahmen wie die Stärkung der Jugendarbeit und eine bessere finanzielle Grundlage der Kommunen sind essenziell, um die Attraktivität ländlicher Gebiete zu erhalten.
Der Sachverständigenrat für ländliche Entwicklung schlägt vor, den Kommunen einen größeren Anteil an der Umsatzsteuer zuzugestehen. Zudem wird eine Neuausrichtung der ländlichen Entwicklungspolitik der EU diskutiert, die eine ganzheitliche Förderung ländlicher Räume anstrebt und dabei über den landwirtschaftlichen Sektor hinausgeht. Österreich wird als Beispiel für einen Mitgliedstaat genannt, der die ländliche Entwicklung umfassend betrachtet und dabei Landwirtschaft, nichtlandwirtschaftliche Bevölkerung und Wirtschaft integriert.