In ihrer Masterarbeit an der Universität Wageningen hat sich Prisca Pfammatter mit einem Thema auseinandergesetzt, das in der Schweizer Landwirtschaft bisher wenig Beachtung fand: die Repräsentation und Akzeptanz von nicht-traditionellen Geschlechterrollen und queeren Identitäten. Pfammatter, aufgewachsen in einem rein weiblichen Haushalt im Tessin, erlebte schon früh die starren Geschlechtervorstellungen, die auch in der Landwirtschaft vorherrschen.
Ihre Motivation für diese Arbeit entstand aus persönlichen Erfahrungen während ihrer Praktika in der Landwirtschaft, wo sie oft die einzige Frau war und sich gezwungen sah, sich „männlicher“ zu kleiden, um ernst genommen zu werden. Diese Erfahrungen führten zu tiefgreifenden Fragen über die Verknüpfung von Geschlecht und Landwirtschaft, die sie in ihrer Forschung weiterverfolgte.
Die Suche nach queeren Bauernhöfen in der Schweiz gestaltete sich schwierig, da keine offiziellen Institutionen oder Beratungsstellen diesbezügliche Informationen bereitstellen konnten. Pfammatter fand schließlich über informelle Netzwerke drei queere geführte Betriebe und einen Kollektivbetrieb. Ihre Studie zielte darauf ab, zu verstehen, wie Geschlechtsidentitäten in der Landwirtschaft konstruiert werden und welche Aktivitäten mit welchen Identitäten verbunden sind.
Interessant sind die Parallelen zu früheren Studien in den USA, die sich ebenfalls mit queeren Perspektiven in der Landwirtschaft auseinandergesetzt haben. Jedoch ist Pfammatters Arbeit eine der ersten ihrer Art in Europa. Ihre Forschung zeigt, dass es einen deutlichen Bedarf an weiteren Studien gibt, um queere Landwirtschaft sichtbar zu machen und zu unterstützen.
Eines der zentralen Ergebnisse ist, dass queere Menschen in der Landwirtschaft neue Wege aufzeigen können, wie Landwirtschaft jenseits traditioneller Geschlechterrollen betrieben werden kann, was wiederum Chancen für mehr Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit eröffnet. Dennoch existieren viele Hürden, insbesondere die traditionellen Geschlechterrollen und die heteronormative Ausrichtung der Branche.
Die Studie offenbart, dass in der landwirtschaftlichen Praxis Geschlecht und Sexualität oft keine Rolle bei der Aufteilung der Arbeit spielen sollten; entscheidender sind Faktoren wie Stärke, Zeit und Interesse. Jedoch werden diese Faktoren immer noch von Geschlecht und Sexualität beeinflusst, wie Pfammatter anhand von Beispielen aus ihrer Kindheit und ihrer Ausbildung illustriert.
Abschließend spricht sich Pfammatter für eine Kombination der Ausbildungen für Bäuerinnen und Landwirte aus, um eine gleichberechtigtere und integrativere Landwirtschaft zu fördern. Sie hebt hervor, dass es bereits positive Beispiele gibt, insbesondere in der Bio-Landwirtschaft, wo es einfacher ist für Frauen und queere Menschen, sich zu etablieren.