Die Versorgung der Europäischen Union mit Soja steht vor erheblichen Risiken. Für 2026 zeichnet sich ab, dass gleich mehrere Faktoren zusammenkommen könnten, die den Zugang zu diesem wichtigen Proteinträger für die Futtermittelherstellung erschweren. Schon jetzt deutet sich an, dass die Abhängigkeit von Importen in einem schwierigen politischen Umfeld zusätzliche Probleme schafft.
Jedes Jahr müssen zwischen 17 und 22 Millionen Tonnen Eiweißfuttermittel aus dem Ausland eingeführt werden, überwiegend in Form von Sojabohnen und Sojaschrot. Damit wird die bekannte „Eiweißlücke“ geschlossen, die in der europäischen Landwirtschaft seit Jahrzehnten besteht. Doch im kommenden Jahr drohen gleich drei Entwicklungen, die diese Einfuhren erheblich einschränken könnten.
Nach Einschätzung von Coceral-Präsident Ted Swinkels sind es vor allem die Handelskonflikte mit den Vereinigten Staaten, die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine und die EU-Entwaldungsverordnung (EUDR), die den Markt belasten. Schon jetzt sind die Getreide- und Futtermittelhändler mit zunehmenden Unsicherheiten konfrontiert. Besonders die Ukraine spielt dabei eine zentrale Rolle, da rund 80 Prozent der Agrarexporte des Landes über die großen Schwarzmeerhäfen abgewickelt werden. Angriffe auf diese Infrastruktur gefährden die Lieferfähigkeit erheblich.
Sollten Transporte über die Seewege ausfallen, müssten Waren über Landrouten nach Europa gelangen. Diese Wege wären jedoch teurer und könnten politische Spannungen in Osteuropa verstärken. Bereits jetzt gilt eine Importquote für Soja von 1,5 Millionen Tonnen in die EU – ein Wert, der deutlich unter den Liefermengen von rund 6 Millionen Tonnen im Jahr 2024 liegt. Damit bleibt die Versorgungslage aus der Ukraine unsicher.
Auch die Beziehungen zu den USA tragen zur Instabilität bei. Das jüngst geschlossene Handelsabkommen mit der Europäischen Union ist zunächst nur auf sechs Monate befristet, und sein Fortbestand gilt als unsicher. Hinzu kommt die Möglichkeit neuer oder erhöhter Zölle durch die US-Regierung, die sich direkt auf die europäischen Märkte auswirken könnten. Während andere Staaten bereits langfristige Lieferverträge sichern konnten, bleibt die EU in dieser Hinsicht im Nachteil.
Ein weiterer Unsicherheitsfaktor ist die EU-Entwaldungsverordnung, die Anfang des Jahres in Kraft treten soll. Sie verlangt eine strikte Trennung von Lieferungen, die ohne Abholzung produziert wurden. Für europäische Importeure bedeutet dies aufwendige Kontrollen und höhere Kosten. Da die EU nicht zu den Hauptabnehmern südamerikanischer Produzenten zählt, könnten diese ihre Ware bevorzugt an Länder wie China liefern. Sollte China aufgrund von Handelsstreitigkeiten mit den USA große Mengen brasilianischen Sojas abnehmen, bliebe für Europa deutlich weniger verfügbar.
Nach Einschätzung von Swinkels wäre es der schlimmste Fall, wenn alle drei Entwicklungen gleichzeitig eintreten: ausfallende Lieferungen aus der Ukraine, eskalierende Handelskonflikte mit den USA und die Umsetzung der EUDR. Ein solches Zusammentreffen hätte gravierende Folgen für die europäische Eiweißversorgung. Als Gegenmaßnahme fordert der Verband, zumindest die Umsetzung der Entwaldungsverordnung zu verschieben, um die Risiken abzumildern.
