In den Vereinigten Staaten endet eine Phase ungewöhnlich niedriger Insolvenzen in der Landwirtschaft. Nach aktuellen Zahlen der Federal Reserve Bank of Minneapolis ist die Zahl der Insolvenzanträge landwirtschaftlicher Betriebe im laufenden Jahr spürbar gestiegen. Im zweiten Quartal wurden 93 Anträge gezählt, nach 88 im ersten Quartal und 47 am Ende des Jahres 2024. Damit hat sich die Zahl innerhalb weniger Monate nahezu verdoppelt. Zwar bleibt der Wert noch deutlich unter dem Höchststand von 169 Fällen zu Beginn des Jahres 2020, doch die Tendenz zeigt klar nach oben.
Die Ursachen liegen vor allem in gestiegenen Produktionskosten und sinkenden Erzeugerpreisen. Seit 2022 sind die Maispreise um rund 50 Prozent gefallen, Sojabohnen haben etwa 40 Prozent an Wert verloren. Der Handelsstreit zwischen den USA und China wirkt bis heute nach: Als einer der wichtigsten Abnehmer amerikanischer Sojabohnen hat China seine Importe deutlich reduziert. Diese Entwicklung belastet die Landwirte und sorgt für Unsicherheit bei der Ernteplanung. Nach einer kurzen Erholung während der Pandemie haben sich die Getreidepreise über weite Strecken des vergangenen Jahrzehnts auf niedrigem Niveau bewegt.
Das Landwirtschaftsministerium rechnet zwar für 2025 mit einem Anstieg der landwirtschaftlichen Einkommen, doch ein Großteil dieses Zuwachses dürfte auf höhere staatliche Unterstützungszahlungen zurückzuführen sein. Laut CNN wird die Branche von mehreren Faktoren gleichzeitig belastet: steigenden Produktionskosten, Zöllen als Reaktion auf US-Handelspolitik, einem Mangel an Arbeitskräften infolge restriktiver Einwanderungsregelungen und sinkenden Weltmarktpreisen. Die Produktionskosten der US-Landwirtschaft sollen in diesem Jahr 467,4 Milliarden Dollar erreichen – rund 12 Milliarden Dollar mehr als 2024.
Eine aktuelle Umfrage der Federal Reserve zeigt zudem, dass viele Betriebe mit schwindender Liquidität kämpfen. Rückläufige Einkommen erhöhen den Finanzierungsbedarf, während die Kreditbedingungen schwieriger werden. Etwa 30 Prozent der befragten Institute in den Regionen der Chicago Fed und der Kansas City Fed berichteten von niedrigeren Rückzahlungsraten als im Vorjahr.
Trotz der wachsenden Zahl an Insolvenzanträgen bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass Betriebe ihre Tätigkeit vollständig einstellen müssen. Das sogenannte Chapter-12-Verfahren ermöglicht es Landwirten, eine vollständige Liquidation zu vermeiden und ihren Betrieb in verkleinerter Form weiterzuführen.
Gleichzeitig fordern landwirtschaftliche Verbände von der Regierung unter Präsident Donald Trump Maßnahmen zur Stärkung der Nachfrage nach US-Agrarerzeugnissen. Dazu gehören ein neues Handelsabkommen mit China zur Wiederaufnahme von Sojabohnenkäufen sowie eine Ausweitung der Ethanolbeimischung im Kraftstoff, um den Absatz von Mais zu erhöhen. Die Regierung prüft Berichten zufolge ein Hilfspaket im Umfang von 10 bis 14 Milliarden Dollar, dessen Auszahlung in den kommenden Monaten beginnen könnte.
Bereits während Trumps erster Amtszeit waren im Zuge des Handelskonflikts mit China 23 Milliarden Dollar an Hilfen an Landwirte geflossen. Laut Stephen Censky, dem Geschäftsführer der American Soybean Association, können staatliche Unterstützungszahlungen zwar kurzfristig entlasten, langfristig aber keine stabile Grundlage schaffen. Nach den Zahlungen sehen sich viele Betriebe mit steigenden Pacht- und Betriebskosten konfrontiert, wodurch die finanzielle Lage weiterhin angespannt bleibt.
