Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat eine Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro gefordert, ein Vorstoß, der insbesondere bei Obst- und Gemüsebauern für Unruhe sorgt. Die Befürchtung: Bei einem derartigen Anstieg der Lohnkosten könnte die internationale Wettbewerbsfähigkeit dieser Branche erheblich leiden. Normalerweise wird der Mindestlohn von der unabhängigen Mindestlohnkommission festgelegt, doch aktuell scheinen auch politische Faktoren eine Rolle zu spielen.
Im September drängte Heil in einem Interview mit dem ARD-Morgenmagazin auf eine Anhebung des Mindestlohns bis 2026 auf 15 Euro. Diese Forderung fällt in eine Zeit, in der die Mindestlohnkommission bis Mitte 2025 einen neuen Satz für das Jahr 2026 festlegen muss. Viele Produzenten von Obst und Gemüse sehen sich durch eine solche Erhöhung stark benachteiligt, da die Lohnkosten im europäischen Vergleich bereits jetzt hoch sind. Laut einer parlamentarischen Anfrage der Unionsfraktion liegt der deutsche Mindestlohn weit über dem vieler europäischer Nachbarn.
Die aktuellen Lohnkosten für Saisonarbeiter in der Landwirtschaft belaufen sich in Deutschland auf 12,41 Euro pro Stunde und sollen im nächsten Jahr auf 12,82 Euro steigen. Zum Vergleich: In den Niederlanden, einem weiteren großen Obst- und Gemüseproduzenten, beträgt der Mindestlohn derzeit 13,27 Euro. In anderen Ländern wie Spanien, Portugal, Frankreich, Griechenland und Polen sind die Sätze teilweise erheblich niedriger.
Die Diskussion um den Mindestlohn wird zusätzlich durch die Europäische Mindestlohnrichtlinie befeuert, die einen Mindestlohn von 60 Prozent des medianen Lohns eines Landes vorsieht. Nach Berechnungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) würde dies in Deutschland einem Stundenlohn von 15,27 Euro entsprechen.
Die Reaktionen auf Heils Vorstoß fallen gemischt aus. Der Verband Süddeutscher Spargel- und Erdbeeranbauer (VSSE) kritisiert die Pläne scharf und fordert, dass die Landwirtschaft von weiteren Lohnerhöhungen ausgenommen wird, um die Branche zu stabilisieren. Laut Simon Schuhmacher, Sprecher des VSSE, führen höhere Löhne dazu, dass Saisonkräfte ihre Arbeitsziele schneller erreichen und die Arbeit vorzeitig beenden, was die Erntearbeit erheblich stört.
Auch der Deutsche Raiffeisenverband (DRV) mahnt zur Vorsicht und betont, dass eine politische Einflussnahme auf die Arbeit der Mindestlohnkommission unangebracht sei. Jörg Migende, Hauptgeschäftsführer des DRV, warnt vor den schwerwiegenden Folgen für die Agrar- und Ernährungswirtschaft, sollte der Mindestlohn politisiert werden. Er betont, dass die hohen Kosten bereits jetzt eine Belastung für die Betriebe darstellen und weitere Erhöhungen die Existenz vieler Unternehmen gefährden könnten.