Ein kürzlich ergangenes Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zum Ernte- und Saatgut verunsichert Händler und Landwirte gleichermaßen. Die Züchter fordern mehr Kontrolle über den Nachbau, was auf eine neue Welle von Bürokratie hindeutet.
Hintergrund des Urteils
Einige Landwirte staunten nicht schlecht, als sie Post von ihrem Landhändler erhielten. Der Brief enthielt Hinweise auf das sogenannte „Erntegut-Urteil“ des BGH. Darin wurden die Landwirte aufgefordert, den Nachbau ordnungsgemäß zu melden – dies sei noch bis zum 30. Juni möglich – und Nachweise über Lizenzgebühren oder den Bezug von Z-Saatgut aufzubewahren. Andernfalls drohe die Verweigerung der Annahme und Abrechnung der Ware. Die Branche befinde sich noch im Findungsprozess, wie im Kleingedruckten zu lesen war.
Im Detail geht es um ein Grundsatzurteil des BGH vom November 2023 (Az.: X ZR 70/22). Der Fall betraf mehrere Landwirte, die unerlaubt Getreidesaatgut untereinander gehandelt hatten, das weder anerkannt noch lizenziert war. Dies wurde bei einer Prüfung aufgedeckt, woraufhin die Saatgut-Treuhandverwaltungs GmbH (STV) Schadenersatz und Unterlassung von den Landwirten forderte. Zusätzlich verklagte die STV den Landhändler auf Unterlassung, da dieser beim Kauf des Erntegutes nicht sichergestellt hatte, dass es legal erzeugt worden war – also ohne Verstöße gegen das Sortenschutzrecht.
Urteil und seine Auswirkungen
Der BGH bestätigte die Rechtsprechung der Vorinstanzen. Ein Händler von Erntegut geschützter Sorten muss im Rahmen einer „Erkundigungspflicht“ mit „geeigneten Maßnahmen“ sicherstellen, dass dieses unter Einhaltung der sortenschutzrechtlichen Vorschriften erzeugt wurde. Andernfalls verletzt er beim Handel mit Erntegut aus nicht lizenziertem Saatgut selbst die Sortenschutzrechte und macht sich strafbar. Der Händler wurde zur Unterlassung verurteilt.
Für die Praxis bedeutet das Urteil, dass es nicht nur darum geht, den Nachbau ordnungsgemäß zu melden. Vielmehr muss der Handel die Herkunft der Ernte überprüfen – unabhängig von der Kultur, also für Getreide, Leguminosen und Kartoffeln. Dies bedeutet zusätzlichen Aufwand für alle Beteiligten.
Lösungen und weitere Schritte
Hinter den Kulissen wird intensiv nach Lösungen gesucht. Der Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter (BDP), dessen Mitglieder die STV gegründet haben, ist ebenfalls involviert. Stephanie Franck, die Vorsitzende des BDP, ist auch Vorsitzende des STV-Verwaltungsrats. Derzeit wird diskutiert, wie die Erkundigungspflicht praktisch umgesetzt werden kann, ohne die Beteiligten übermäßig zu belasten.
Die Entscheidung des BGH führt dazu, dass Händler und Landwirte sich auf zusätzliche bürokratische Hürden einstellen müssen. Die Anforderungen an die Dokumentation und Nachweispflicht steigen, was insbesondere kleinere Betriebe vor große Herausforderungen stellen könnte.
Landwirte und Händler sind nun aufgefordert, sich mit den neuen Regelungen vertraut zu machen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, um den Anforderungen gerecht zu werden und rechtliche Konsequenzen zu vermeiden.