Historisches Tief: Getreideanbaufläche in Deutschland schrumpft
Laut dem Deutschen Raiffeisenverband (DRV) erlebt Deutschland in diesem Jahr eine beispiellose Verringerung seiner Getreideanbaufläche. Experten prognostizieren, dass die Fläche für den Getreideanbau auf 5,9 Millionen Hektar fallen wird, ein Wert, der die bisherigen Tiefstände unterschreitet. Guido Seedler, ein führender Getreidemarktexperte des DRV, hebt hervor, dass der Rückgang der Anbaufläche auf eine Reihe von Faktoren zurückzuführen ist, darunter die zunehmende Inanspruchnahme von Ackerland für Bauvorhaben und die Installation von Fotovoltaikanlagen.
Ökologische Vorgaben und ihre Auswirkungen
Ein weiterer wesentlicher Grund für die Reduzierung ist die neue Regelung der Europäischen Agrarpolitik, die von den Landwirten verlangt, ab diesem Jahr mindestens vier Prozent ihrer Flächen aus ökologischen Gründen brachliegen zu lassen. Diese Entwicklung führt nach Einschätzung des DRV zu einer merklichen Verringerung der Getreideernte im Jahr 2024.
Witterungsbedingte Herausforderungen
Seedler weist zudem auf die aktuellen Herausforderungen hin, mit denen die Landwirtschaft konfrontiert ist. Insbesondere die anhaltende hohe Wassersättigung der Böden und Überschwemmungen haben in einigen Regionen Deutschlands die Aussaat von Getreide im Herbst verhindert. Besonders in Niedersachsen und Teilen Schleswig-Holsteins sind die Getreidebestände geschwächt in den Winter gegangen. Dank des frühlingshaften Klimas konnten jedoch landesweit Frühjahrsdüngung und Aussaatarbeiten beginnen, obwohl in Norddeutschland schwere Böden nach wie vor schwer befahrbar sind.
Ernteprognosen und Zukunftsaussichten
Die erste Schätzung des DRV für die Getreideernte 2024 beläuft sich auf rund 41 Millionen Tonnen, was einem Rückgang von etwa 3,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Auch bei Raps wird mit einer Ernte von 3,9 Millionen Tonnen gerechnet, die ebenfalls hinter den Ergebnissen des Vorjahres zurückbleibt.
Verschärfung der Flächenkonkurrenz
Der DRV erwartet, dass der Wettbewerb um Nutzflächen in den kommenden Jahren weiter zunehmen wird, was die Anbaufläche für Getreide noch weiter reduzieren könnte. Eine Studie des Thünen-Instituts prognostiziert, dass bis zum Jahr 2030 bis zu 600.000 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche in Deutschland durch Bebauung oder Klimaschutzmaßnahmen verloren gehen könnten. Das entspricht etwa drei Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche in Deutschland.
Strategien gegen den Flächenverlust
Um den Herausforderungen zu begegnen, betont der DRV die Notwendigkeit, möglichst viele Flächen für die Landwirtschaft zu sichern und die Produktivität nachhaltig zu steigern. Seedler unterstreicht die Wichtigkeit dieser Maßnahmen, um Deutschlands Beitrag zur Bekämpfung des weltweiten Hungers zu leisten, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die globale Nachfrage nach Nahrungsmitteln bis zum Jahr 2050 voraussichtlich um 50 Prozent steigen wird.