Bei seiner ersten Auslandsreise als Bundeskanzler traf Friedrich Merz (CDU) in Paris mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron zusammen. Beide Regierungschefs vereinbarten, die Zusammenarbeit ihrer Länder deutlich zu intensivieren. Merz sprach von einem „deutsch-französischen Neustart für Europa“, während Macron das Treffen als Beginn eines neuen Kapitels in den bilateralen Beziehungen bezeichnete. Die Details dieser Partnerschaft sollen im Sommer bei einem gemeinsamen Regierungstreffen festgelegt werden.
Besonderes Gewicht legen Deutschland und Frankreich auf eine engere Kooperation im Verteidigungsbereich. Geplant ist eine Beschleunigung gemeinsamer Rüstungsprojekte, darunter der Kampfpanzer der nächsten Generation und Langstreckenraketen. Ein neues deutsch-französisches Innovationsprogramm soll die Entwicklung wegweisender Technologien für künftige militärische Anforderungen ermöglichen. Der Verteidigungs- und Sicherheitsrat beider Länder, der bislang eine untergeordnete Rolle spielte, soll künftig regelmäßig zusammenkommen und operative Antworten auf sicherheitspolitische Fragen liefern.
Zudem will man in einem Format, das Kanzler, Präsident sowie Verteidigungs- und Außenminister umfasst, über strategische Themen beraten. Dabei wird auch über Macrons Vorschlag gesprochen, den Schutzschirm der französischen Nuklearstreitkräfte auf Deutschland auszudehnen. Merz betonte, dass dies nur als Ergänzung, nicht aber als Ersatz für die nuklearen Schutzgarantien der NATO unter Führung der USA gedacht sei.
In Hinblick auf den Ukrainekrieg bekräftigten beide Regierungschefs ihr Engagement für einen dauerhaften Frieden. Merz kündigte an, in den kommenden Wochen nach Kiew zu reisen. Ob er gemeinsam mit Macron dorthin fahren wird, ließ er offen. Ziel sei es, innerhalb der EU alles zu unternehmen, um einen stabilen Waffenstillstand zu erreichen. Dabei sei auch die enge Abstimmung mit der künftigen US-Regierung von Donald Trump vorgesehen, um amerikanisches Engagement für die Sicherheit der Ukraine sicherzustellen.
Macron lobte die von der neuen Bundesregierung geplanten Investitionen in Verteidigung und Infrastruktur. In Frankreich sieht man diese Vorhaben als Abkehr von einer strikten Sparpolitik. Dennoch betonte Merz, dass die europäischen Haushaltsregeln weiter Bestand haben sollen und verwies auf den geltenden Fiskalpakt. Beide Seiten betonten, dass in den nächsten Jahren massive Investitionen auf europäischer Ebene notwendig seien, die sowohl aus öffentlichen Mitteln als auch aus privatem Kapital finanziert werden müssten.
Neben Verteidigung und Sicherheit haben Merz und Macron auch eine ehrgeizige wirtschaftspolitische Agenda. Geplant ist unter anderem, die Kapitalmarktunion zu verwirklichen, damit europäische Ersparnisse stärker für Investitionen in Europa genutzt werden. Branchen wie Künstliche Intelligenz, Quantencomputer, Raumfahrttechnologien und grüne Technologien sollen besonders gefördert werden. Ein weiteres Ziel ist es, die EU wettbewerbsfähiger zu machen, indem unnötige Vorschriften für Unternehmen abgebaut werden.
Beim Thema Energie wollen Deutschland und Frankreich Streitpunkte überwinden und ein Modell für die EU entwickeln. Vorgesehen ist, dass weder Atomkraft noch erneuerbare Energien bevorzugt werden und stattdessen eine technologische Neutralität angestrebt wird. Auch der Ausbau grenzüberschreitender Stromverbindungen soll vorangetrieben werden.
Angesichts der handelspolitischen Ausrichtung der USA unter Präsident Trump setzen Merz und Macron auf neue Handelsabkommen. Ziel ist es, Absatzmärkte, Lieferketten und Rohstoffversorgung stärker zu diversifizieren. Gleichzeitig sollen Schutzmechanismen eingeführt werden, um europäische Unternehmen vor unfairer Konkurrenz zu schützen. Strittig bleibt weiterhin das Mercosur-Abkommen mit den südamerikanischen Staaten. Frankreich lehnt die derzeitige Fassung wegen fehlender Schutzklauseln für die Landwirtschaft ab, während Merz eine rasche Ratifizierung anstrebt. Beide Seiten signalisierten aber Gesprächsbereitschaft.
Auch in der Migrations- und Asylpolitik wollen Berlin und Paris künftig enger zusammenarbeiten. Im Vordergrund steht die Umsetzung des EU-Migrations- und Asylpakts sowie die Sicherstellung eines funktionierenden Schengenraums. Darüber hinaus planen die Regierungen eine enge Abstimmung bei nationalen Reformen in den Bereichen Wirtschaft, Soziales und Steuern.