Die Europäische Union zeigt Bereitschaft, ihre Einfuhren aus den Vereinigten Staaten deutlich auszuweiten. Laut einem Bericht der Financial Times plant Brüssel, US-Waren im Wert von bis zu 50 Milliarden Euro zusätzlich zu importieren. Ziel ist es, Spannungen im transatlantischen Handel zu entschärfen und Fortschritte bei einem möglichen Abkommen zu erzielen.
Der Vizepräsident der EU-Kommission und zuständige Kommissar für Handel, Maroš Šefčovič, erklärte, dass die laufenden Gespräche mit den Vereinigten Staaten vorankommen. Gleichzeitig betonte er, dass der Verbleib von 10-Prozent-Zöllen auf europäische Produkte durch die USA kein akzeptables Ergebnis für die EU darstelle.
In den letzten Monaten führten beide Seiten mehrere persönliche und telefonische Verhandlungsrunden. Diese Gespräche begannen nach der Einführung und späteren Aussetzung eines 20-prozentigen Strafzolls auf EU-Produkte durch die US-Regierung unter Präsident Donald Trump. Šefčovič sprach von dem Ziel, eine ausgewogene und faire Vereinbarung mit der US-Regierung zu erreichen.
Gegenüber US-Handelsvertreter Jamieson Greer und Handelsminister Howard Latnick argumentierte Šefčovič, dass die Exporte amerikanischer Dienstleistungen in die EU den bilateralen Handelsbilanzüberschuss Europas erheblich verringerten. Demnach sei das reale Handelsdefizit der USA gegenüber der EU eher bei rund 50 Milliarden Euro anzusiedeln.
Laut EU-Kommission könnte diese Summe durch den vermehrten Import von verflüssigtem Erdgas (LNG) und US-Agrarerzeugnissen, etwa Sojabohnen, kurzfristig ausgeglichen werden. Die EU signalisiert damit Offenheit für marktnahe Lösungen im Rahmen einer umfassenderen Handelsvereinbarung.
Šefčovič betonte zudem, dass sich das gegenseitige Verständnis zwischen beiden Seiten verbessert habe. Die Gespräche seien konstruktiver geworden, auch weil die jeweiligen Positionen und wirtschaftlichen Ausgangslagen besser nachvollzogen würden. Auch bei den relevanten Zahlen bestehe nun mehr Einigkeit.
Dennoch äußerte er sich vorsichtig hinsichtlich der weiteren Aussichten. Es werde nicht leicht sein, eine Einigung zu erzielen, die sowohl für die Mitgliedstaaten als auch für das Europäische Parlament akzeptabel sei. Eine solche Einigung müsse nicht nur wirtschaftlich sinnvoll, sondern auch politisch tragfähig sein.
Die Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten führt die EU-Kommission stellvertretend für alle 27 Mitgliedsstaaten. Nach Angaben Šefčovičs sprechen sich alle Hauptstädte dafür aus, die Gespräche mit den USA weiterzuführen. Gleichzeitig signalisierten sie Unterstützung für Gegenmaßnahmen, sollte es nicht zu einer Einigung kommen.
Am Mittwochabend informierte die Kommission die Botschafter der Mitgliedsländer über mögliche Anreize für die Vereinigten Staaten. Auch ein potenzieller neuer Katalog von Gegenzöllen wurde dabei thematisiert.