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Oxidativer Stress als unsichtbares Risiko in der Milchviehhaltung

In vielen Milchviehbetrieben treten Probleme wie sinkende Milchleistung, schwächere Fruchtbarkeit und eine erhöhte Anfälligkeit für Infektionen auf, ohne dass eine eindeutige Ursache erkennbar ist. Eine wesentliche Rolle spielt dabei oxidativer Stress – ein Zustand, der durch ein Ungleichgewicht zwischen aggressiven Sauerstoffverbindungen und den körpereigenen Schutzsystemen entsteht.

Freie Radikale greifen Zellstrukturen an und fördern Entzündungen. Besonders gefährdet sind Hochleistungskühe, deren Stoffwechsel rund um die Kalbung stark beansprucht wird. Die sogenannte Transitphase gilt als kritischer Zeitraum, in dem selbst kleine zusätzliche Belastungen die Gesundheit und Leistungsfähigkeit deutlich beeinträchtigen können.

Untersuchungen zeigen, dass oxidativer Stress sowohl die Milchproduktion als auch die Fruchtbarkeit verschlechtert und dadurch auch wirtschaftliche Einbußen verursachen kann. Die Auslöser sind vielfältig und resultieren meist aus einer Kombination mehrerer Faktoren. Dazu zählen Hitzestress, schlechte Luftverhältnisse im Stall, unzureichende Futterqualität, Mykotoxinbelastung, zu hohe Tierdichte oder häufige Umstallungen.

Ein Mangel an antioxidativen Spurenelementen und Vitaminen wie Selen, Vitamin E oder ß-Carotin kann die Belastung zusätzlich verstärken. Stoffwechselerkrankungen wie Ketose, Mastitis oder eine Labmagenverlagerung erhöhen den oxidativen Druck ebenfalls. Besonders in der Zeit rund um die Kalbung ist das Immunsystem stark gefordert, wodurch das Risiko von Zellschäden deutlich steigt.

Nach Angaben des Sächsischen Landeskontrollverbands (LKV) gilt die Übergangsphase daher als zentrales Risikofenster. Typische Symptome sind schwer zu erkennen und oft unspezifisch. Zu den Anzeichen gehören eine verringerte Futteraufnahme, abnehmende Milchleistung, wiederkehrende Euter- und Gebärmutterentzündungen oder eine schwache Fruchtbarkeit. Auch Totgeburten, verzögerte Nachgeburtsabgänge oder vermehrte Lahmheiten können Hinweise sein. Viele Prozesse verlaufen jedoch unbemerkt, etwa stille Pansenentzündungen oder eine verminderte Aktivität von Immunzellen.

Bleiben diese Probleme unerkannt, können sie langfristig chronische Schäden verursachen, die Leistung und Nutzungsdauer der Tiere einschränken. Da oxidativer Stress nur schwer direkt behandelt werden kann, steht die Vorbeugung im Vordergrund.

Eine saubere und qualitativ hochwertige Futtergrundlage ohne Mykotoxine ist dafür entscheidend. Ergänzend sollten Antioxidantien wie Vitamin E, Selen, ß-Carotin oder sekundäre Pflanzenstoffe in Form von Polyphenolen in die Ration integriert werden. Eine ausgewogene Versorgung mit Energie und Struktur ist ebenso wichtig, um den Pansen-pH stabil zu halten.

Auch das Stallmanagement spielt eine zentrale Rolle. Belastungen durch Hitze, Lärm oder häufige Gruppenwechsel sollten so weit wie möglich reduziert werden. In der Transitphase empfiehlt sich die gezielte Ergänzung von Mikronährstoffen, um die Abwehrkräfte zu stärken.

Regelmäßige Blutuntersuchungen und Pansenanalysen unterstützen dabei, Defizite frühzeitig zu erkennen. Ergänzungsfuttermittel mit organisch gebundenen Spurenelementen, Antioxidantien oder Probiotika können die körpereigene Abwehr zusätzlich stärken und das Gleichgewicht wiederherstellen.

Oxidativer Stress bleibt in vielen Fällen unerkannt, verursacht aber dennoch erhebliche Leistungseinbußen. Wer die Ursachen kennt, die Symptome richtig einordnet und rechtzeitig vorbeugt, kann die Tiergesundheit und damit auch die Wirtschaftlichkeit des Betriebs nachhaltig sichern.