Landwirtschaftsminister Cem Özdemir blickt zufrieden auf das vergangene Wirtschaftsjahr 2022/23. Doch trotz beeindruckender Einkommenssteigerungen warnt er vor Selbstzufriedenheit und betont die anstehenden Herausforderungen.
Rekordverdächtige Einkommenssteigerungen
Das Jahr 2022/23 war für viele landwirtschaftliche Betriebe ein außerordentlich erfolgreiches Jahr. Laut Hochrechnungen des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) stieg das durchschnittliche Einkommen je Arbeitskraft in den Haupterwerbsbetrieben um 32 Prozent auf 61.000 Euro. Der durchschnittliche Gewinn betrug 113.900 Euro, was einem Anstieg von 39 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Damit verzeichneten die Betriebe das erfolgreichste Wirtschaftsjahr der letzten zehn Jahre.
Hohe Agrarpreise als Hauptgrund
Der kräftige Preisanstieg bei fast allen Agrarerzeugnissen, der durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine noch beschleunigt wurde, trug maßgeblich zu den hohen Einkommen bei. Viele Betriebe konnten die gestiegenen Kosten für Energie, Futter- und Düngemittel durch die höheren Verkaufspreise mehr als ausgleichen. Dies führte dazu, dass das Einkommen pro Arbeitskraft im Durchschnitt aller Betriebsformen um 32,2 Prozent auf rund 57.500 Euro stieg.
Unterschiedliche Entwicklungen je Betriebsform
Nicht alle Betriebsformen profitierten gleichermaßen von der positiven Entwicklung. Ackerbaubetriebe erzielten im Wirtschaftsjahr 2022/23 im Vergleich zu den vorherigen Jahren die höchsten Ergebnisse und übertrafen sogar das hohe Niveau des Vorjahres. Auch spezialisierte Milchbetriebe und Veredlungsbetriebe konnten deutliche Einkommenssteigerungen verzeichnen. Gemischte Betriebe erzielten ebenfalls höhere Einkommen. Dagegen mussten Betriebe mit Dauerkulturen, wie Wein- und Obstbaubetriebe, rückläufige Gewinne hinnehmen.
Warnung vor falscher Sicherheit
Trotz der guten Zahlen warnt Landwirtschaftsminister Özdemir vor falscher Sicherheit. „Harte Arbeit verdient einen guten Lohn. Dass viele Höfe nun schon zum zweiten Mal starke Betriebsergebnisse einfahren konnten, ist deshalb eine gute Nachricht. Wir dürfen uns aber nicht in falscher Sicherheit wiegen, sondern müssen jetzt erst recht anpacken,“ sagte Özdemir bei einer Pressekonferenz. Er betonte die Notwendigkeit, die Bedingungen für die Landwirtschaft nachhaltig und langfristig zu verbessern. Besondere Herausforderungen sieht er im Abbau von Bürokratie, der Klimakrise und den Auswirkungen von Putins Krieg.
Kritik und Forderungen
Martin Schulz, Bundesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) e.V. und Landwirt in Niedersachsen, kommentierte die Ergebnisse und kritisierte, dass kleinere und mittlere Betriebe vergleichsweise wenig profitiert haben. Er forderte die politisch Verantwortlichen auf, sich stärker für dauerhaft gewinnbringende Erzeugerpreise einzusetzen.