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Die Umkehrung der Stilllegung: Bauernproteste erfolgreich?

Die Entscheidung der EU-Kommission, den Standard GLÄZ 8, welcher die Bereitstellung von Ackerbrachen für die Biodiversität in landwirtschaftlichen Betrieben fördert, auszusetzen, stößt auf breite Kritik. Prof. Sebastian Lakner von der Universität Rostock und Dr. Norbert Röder vom Thünen-Institut in Braunschweig erläutern in einem Gastkommentar, warum dieser Schritt einen erheblichen Rückschlag für die Agrarumwelt darstellt und welche Konsequenzen sich daraus für die Landwirtschaft ergeben.

Diese Maßnahme, die als Reaktion auf die europaweiten Bauernproteste und die darauffolgende Senkung der Umweltstandards durch die EU-Kommission zu verstehen ist, markiert einen signifikanten Rückfall um mindestens zehn Jahre in der Agrarpolitik. Die Standards des „Guten Landwirtschaftlichen und Ökologischen Zustands“ (GLÄZ) sind essenziell für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) und den Schutz der Biodiversität auf landwirtschaftlichen Flächen.

Die Aussetzung von GLÄZ 8 und die geplante Reduzierung auf ein Verbot der Beseitigung von Landschaftselementen ohne Forderung nach „nicht-produktiven Flächen“ wirft zahlreiche Fragen auf. Diese Änderung könnte langfristig zu einer Planungsunsicherheit für landwirtschaftliche Betriebe führen und den bisherigen Fortschritt im Umweltschutz untergraben.

Die wissenschaftliche Gemeinschaft ist sich einig über die ökologische Bedeutung von Brachen für die Biodiversität. Studien belegen, dass der Rückgang von Brachflächen negativ mit dem Bestand verschiedener Agrarvogelarten korreliert und dass Brachen eine wichtige Rolle für Ackerwildkräuter, Insektenvielfalt und größere Wildtiere spielen. Zudem bieten sie Schutz vor Erosion und fördern ein ausgeglichenes Mikroklima.

Die Aussetzung der Stilllegungsverpflichtung, wie sie 2007/08 erfolgte, hatte bereits deutlich sichtbare ökologische Schäden zur Folge. Die Wiedereinführung einer ähnlichen Politik birgt die Gefahr, diese negativen Auswirkungen zu wiederholen.

Trotz der Möglichkeit für Mitgliedstaaten, Brachen freiwillig über Öko-Regelungen zu fördern, besteht die Sorge, dass ohne eine Erhöhung des Mindestbudgets oder verbindliche Vorgaben die Umweltleistungen der Landwirtschaft abnehmen könnten. Dies steht im Widerspruch zum bisherigen Trend, Agrarzahlungen stärker an gesellschaftliche Leistungen zu binden.

Die Reform der GAP im Jahr 2021 schien ein Schritt in die richtige Richtung zu sein. Die aktuellen Vorschläge der EU-Kommission könnten jedoch die Debatte über den Sinn und Zweck der Agrarsubventionen erneut entfachen und zeigen, dass ein Umdenken in der Agrarpolitik dringend notwendig ist. Die Aussetzung von GLÄZ 8 stellt nicht nur einen Rückschritt für die Umweltpolitik dar, sondern birgt auch das Risiko, die landwirtschaftliche Planungssicherheit zu untergraben und letztendlich den Landwirtinnen und Landwirten mehr zu schaden als zu nutzen.

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