Landwirte kennen möglicherweise bereits den Einsatz von parasitierenden Schlupfwespen zur Bekämpfung des Maiszünslers oder die „Anlockungs- und Tötungsstrategie“ gegen Drahtwürmer in Kartoffeln. Doch es gibt auch spannende Neuerungen in der RNAi-Technologie und im Bereich der biologischen Pflanzenschutzmittel. Zudem wird intensiv an der Entwicklung von effektiven Pflanzen-Biostimulanzien geforscht. Hier ein umfassender Überblick über die aktuellen Entwicklungen.
Schlupfwespen als Verbündete gegen den Maiszünsler
Der Maiszünsler verbreitet sich mittlerweile fast deutschlandweit und verursacht sichtbare Schäden wie abgeknickte Fahnen oder Bohrlöcher in Maisstängeln. Ein bewährtes biologisches Bekämpfungsmittel sind Trichogramma-Schlupfwespen. Diese winzigen Insekten parasitieren die Eier des Maiszünslers, sodass anstelle der Schädlinge Schlupfwespenlarven schlüpfen. Die Nützlinge werden in einem Ruhezustand auf einem Trägerstoff geliefert und sollten während der intensiven Eiablageperioden der Zünsler ausgebracht werden. Laut dem Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) empfiehlt sich eine zweifache Anwendung im Abstand von etwa zwei Wochen. Der richtige Zeitpunkt für den Einsatz ist entscheidend für eine erfolgreiche Bekämpfung, weshalb es ratsam ist, aktuelle Informationen aus Fachberatungsrundschreiben zu berücksichtigen.
Es gibt auch neue Entwicklungen, wie das EntoProg-Prognosemodell, das derzeit in der Entwicklung ist, um den Einsatz von Trichogramma-Schlupfwespen zu optimieren. Diese können als Trichokugeln oder Trichokarten mit Drohnen oder manuell ausgebracht werden. Verschiedene Anbieter wie Biocare GmbH, Fenaco – Agroline Bioprotect oder AMW-Nützlinge bieten diese Schlupfwespen an. Dienstleister wie Maschinenringe oder Lohnunternehmen übernehmen oft die Ausbringung per Drohne, einschließlich der Beschaffung der Nützlinge. Die Kosten für den Einsatz belaufen sich auf etwa 95 €/ha bei zwei Anwendungen. Der LLH berichtet, dass diese Methode in Hessen eine durchschnittliche Wirksamkeit von etwa 65 % erreicht, wenn sie zur richtigen Zeit angewendet wird. Ein zusätzlicher Tipp zur Bekämpfung des Maiszünslers ist, die Maisstoppeln gründlich zu zerkleinern und zu unterpflügen, um die Winterquartiere der Schädlinge zu zerstören.
„Anlockungs- und Tötungsstrategie“ gegen Drahtwürmer in Kartoffeln
Drahtwürmer stellen vor allem im Kartoffelanbau eine zunehmende Herausforderung dar. Besonders bei Speisekartoffeln führen die Fraßgänge der Larven des Schnellkäfers zu erheblichen Qualitätseinbußen. Das biologische Mittel Attracap bietet eine effektive Methode zur Bekämpfung dieser Schädlinge. Dieses Mittel simuliert durch die Abgabe von CO2 eine atmende Pflanze, die Drahtwürmer anzieht. Die Drahtwürmer finden jedoch keine Nahrung, sondern treffen auf den entomopathogenen Pilz Metarhizium brunneum, der sie infiziert und abtötet. Attracap wurde in den letzten Jahren aufgrund von Notfallzulassungen eingesetzt und zeigt in Versuchen schwankende Ergebnisse, oft schwächer als andere Granulate wie SoilGuard oder Karate, die Pyrethroide enthalten.
Attracap wird vor allem bei leichtem Drahtwurmbefall und im ökologischen Landbau empfohlen. Das Mittel wird mit 30 kg/ha bei der Pflanzung der Kartoffeln in einem Arbeitsschritt in die Pflanzfurche appliziert. Die Ausbringung muss mit einem gelisteten Granulatstreuer erfolgen, und eine sofortige Erdabdeckung ist erforderlich, um die Wirksamkeit zu gewährleisten.
RNAi-Technologie: Ein Durchbruch im molekularen Pflanzenschutz
Die RNA-Interferenz-Technologie (RNAi) repräsentiert eine aufstrebende Methode im Bereich des molekularen Pflanzenschutzes. Diese Technik nutzt spezielle RNA-Moleküle, um die Erkennung von Pflanzen durch Schädlinge oder Schadpilze zu verhindern oder sogar die Entwicklung von Konkurrenzpflanzen zu hemmen. Der Hauptvorteil der RNAi-Technologie liegt in ihrer hohen Spezifität und der fehlenden Toxizität.
Im Rahmen des Projekts ViVe_Beet wurde kürzlich ein neues RNAi-basiertes Pflanzenschutzmittel gegen Blattläuse entwickelt, die als Virusüberträger fungieren. Dieses Spray zielt gezielt auf lebenswichtige RNA-Teilsequenzen der Blattlaus ab und deaktiviert wichtige Gene, wodurch die Läuse sterben. Diese Methode schädigt nur den Zielorganismus und beeinträchtigt keine nützlichen Insekten wie Bienen. In Gewächshausversuchen erzielte das Mittel eine Mortalität von 70 % bei Blattläusen. Die Erprobung im Freiland ist bereits in Planung. Beteiligt an der Forschung sind unter anderem das Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie (IME), das Institut für Zuckerrübenforschung (IfZ) und das Julius Kühn-Institut (JKI). Es bleibt abzuwarten, wann RNAi-basierte Pflanzenschutzmittel umfassend in der Praxis eingesetzt werden können, da die Zulassungsverfahren noch in Bearbeitung sind.
Pflanzen-Biostimulanzien: Ein aufstrebendes Segment im integrierten Pflanzenbau
Pflanzen-Biostimulanzien haben in den letzten Jahren zunehmend Aufmerksamkeit erlangt. Diese Mittel gehören weder zu den klassischen Pflanzenschutzmitteln noch zu den Düngemitteln. Sie sind definiert als Substanzen, die die pflanzliche Ernährung verbessern, ohne dass der Nährstoffgehalt des Produkts im Vordergrund steht. Ziel ist es, die Effizienz der Nährstoffverwertung zu steigern, die Toleranz gegenüber abiotischem Stress zu erhöhen, die Qualität der Ernte zu verbessern oder die Nährstoffverfügbarkeit im Boden zu optimieren.
Biostimulanzien sind grundsätzlich natürlichen Ursprungs und lassen sich nach Inhaltsstoffen in verschiedene Kategorien unterteilen. Es gibt beispielsweise nicht-mikrobielle Stoffe wie Aminosäuren, Algen- und Pflanzenextrakte sowie Huminstoffe. Zu den mikrobiellen Stoffen zählen symbiotisch lebende Mykorrhizapilze und verschiedene Bakterien, die eine positive Wirkung auf das Pflanzenwachstum und die Krankheitsresistenz haben können.
Seit 2017 testet der Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) verschiedene Biostimulanzien in Feldversuchen, insbesondere in Weizenbeständen. Die bisherigen Ergebnisse zeigen jedoch, dass die Effekte auf den Ertrag im Durchschnitt gering sind. In einigen Fällen konnten Ertragssteigerungen verzeichnet werden, in anderen kam es zu Mindererträgen. Besonders Mittel, die Mikronährstoffe wie Schwefel oder Kupfer enthalten, zeigten in Versuchen eine gewisse Wirkung. Insgesamt bleibt das Potenzial von Biostimulanzien im Vergleich zu chemischen Pflanzenschutzmitteln derzeit begrenzt. Angesichts einer voraussichtlich schrumpfenden Palette an Pflanzenschutzmitteln, der Entwicklung von Resistenzen, strengerer Umweltauflagen und reduzierter Düngemengen bleibt die Forschung an ergänzenden Lösungen wie Biostimulanzien jedoch wichtig.