Mit einem neuen Zollpaket will die Europäische Union ihre Abhängigkeit von Düngemitteln aus Russland und Belarus verringern. Ziel ist es, die eigene Produktion im Binnenmarkt zu stärken und zugleich Einnahmequellen auszutrocknen, die indirekt den Krieg in der Ukraine finanzieren. Am 22. Mai stimmte das EU-Parlament mit breiter Mehrheit für die Einführung höherer Einfuhrabgaben auf bestimmte landwirtschaftliche Produkte und Dünger aus diesen Ländern.
Neben Düngemitteln betreffen die neuen Regelungen auch bislang zollfreie Waren wie Zucker, Essig, Mehl und Futtermittel aus Russland. Für diese Produktgruppen gilt künftig ein Zuschlag von 50 Prozent auf den bisherigen Einfuhrwert. Damit folgt das Parlament der Linie der EU-Kommission, die entsprechende Maßnahmen vorgeschlagen hatte.
Düngemittel aus Russland und Belarus unterliegen ab sofort einem kombinierten Zollsatz. Zum einen wird ein prozentualer Satz von 6,5 Prozent auf den Warenwert fällig, zum anderen ein fester Betrag von 40 bis 45 Euro pro Tonne. Dieser Festbetrag soll bis Ende 2026 gelten. Ab 2027 steigt die Pauschale deutlich an und soll bis zum Jahr 2028 auf 430 Euro pro Tonne anwachsen.
Im vergangenen Jahr hatte der Import von Düngemitteln aus Russland laut der Nachrichtenagentur Reuters um ein Drittel zugenommen. Die EU-Kommission sieht in dieser Entwicklung ein wachsendes Abhängigkeitsverhältnis, das sowohl ökonomische als auch geopolitische Risiken birgt. Vor allem in Krisenzeiten könne Russland diesen Hebel nutzen, um Druck auf den europäischen Markt auszuüben.
Gleichzeitig fließen durch diese Importe erhebliche finanzielle Mittel in russische Staatskassen. Nach Schätzungen aus Brüssel gelangen täglich rund zwei Millionen Euro aus dem deutschen Agrarsektor in den Kreislauf der russischen Kriegswirtschaft. Die neuen Zölle sollen genau diesen Geldfluss unterbinden.
Die schrittweise Einführung der Zollregelung soll verhindern, dass Russland seine Produkte weiterhin als Einnahmequelle auf dem EU-Markt nutzen kann. Auch Produkte, die nicht direkt aus Russland oder Belarus stammen, aber deren Ursprung zurückverfolgt werden kann, sollen künftig erfasst werden. Die EU erwartet, dass der Import dieser Waren in den kommenden Jahren deutlich zurückgeht.
Ein weiteres Ziel der Maßnahme ist es, die europäische Düngerproduktion wieder konkurrenzfähiger zu machen. Durch die bislang deutlich günstigeren Importe waren heimische Hersteller in eine schwierige Lage geraten. Mit den neuen Rahmenbedingungen soll sich die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Produzenten verbessern.
Um mögliche negative Effekte auf Preise und Versorgungslage zu beobachten, wird die EU-Kommission die Marktentwicklung eng begleiten. Sollten sich durch die Maßnahmen spürbare Auswirkungen auf die europäische Landwirtschaft oder den Binnenmarkt ergeben, behält sich die Kommission gezielte Korrekturen vor.
Bevor die neuen Regelungen endgültig gelten, muss noch der EU-Rat zustimmen. Nach der formalen Annahme wird die Verordnung im Amtsblatt veröffentlicht und tritt anschließend in Kraft.