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Baywa ringt um Neuausrichtung und Kontrolle

Vor wenigen Jahren feierte die Baywa ihr 100-jähriges Bestehen mit großem Glanz in der Isarphilharmonie. Vertreter aus Politik, Genossenschaften und Landwirtschaft waren zahlreich erschienen. Damals galt ein Sitz im Aufsichtsrat als besonders angesehen. Heute jedoch zeigt sich, dass die enge Verflechtung von Interessen über Jahre Teil des Problems war.

Die ehrgeizige Expansion ins Ausland, die das Unternehmen aus seiner regionalen Begrenzung führen sollte, hat einen massiven Schuldenberg hinterlassen. Über Jahre billigte der Aufsichtsrat diesen Kurs, ohne rechtzeitig einzugreifen. Erst viel zu spät erkannten Vorstand, Controlling und Kontrolleure, dass der Konzern in eine akute Liquiditätskrise geraten war.

Das interne Kontrollsystem hat in dieser Zeit offenkundig nicht funktioniert. Zu diesem Schluss lässt sich kommen, auch ohne dass interne Untersuchungen abgeschlossen sind. Die Lage betrifft nicht nur mögliche juristische Konsequenzen, sondern macht deutlich, dass es einer grundlegenden Erneuerung und Professionalisierung des Aufsichtsrats bedarf.

Für viele Kleinaktionäre ist die Entwicklung besonders bitter. Zahlreiche Landwirte und ehemalige Mitarbeiter hatten in der Baywa eine sichere und konservative Anlage gesehen. Doch ihr Einsatz hat sich drastisch verringert – bis zu drei Viertel des Werts sind verloren. Bislang hat lediglich ein Aufsichtsratsmitglied persönliche Konsequenzen gezogen.

Im November 2024 trat Vizechef Wolfgang Altmüller zurück. Er wollte damit ein Zeichen für einen Neuanfang setzen. Weitere Rücktritte, die ebenfalls ein Signal setzen könnten, sind bislang ausgeblieben.

An die Spitze des Gremiums rückte Gregor Scheller, früherer Präsident des bayerischen Genossenschaftsverbands. Er übernahm das Amt im März 2024, nachdem der langjährige Vorstandschef und Aufsichtsratsvorsitzende Klaus Lutz nach internen Auseinandersetzungen ausschied. Lutz gilt bis heute als Mitverantwortlicher für viele der Probleme.

Scheller betont, dass er beim Amtsantritt das volle Ausmaß der finanziellen Schieflage nicht gekannt habe. Tatsächlich vermittelte der damalige Vorstandsvorsitzende Marcus Pöllinger noch auf der Hauptversammlung im Juni 2024 ein positives Bild der Lage. Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Pöllinger und weitere Vorstandsmitglieder.

Allerdings bringt auch Scheller eine Vergangenheit aus der Genossenschaftswelt mit. Bereits von 2008 bis 2014 gehörte er dem Baywa-Aufsichtsrat an – genau in jener Zeit, als die Expansion des Unternehmens ihren Lauf nahm. Will er nun glaubhaft für einen Neuanfang stehen, muss er die Erneuerung auch innerhalb des Kontrollgremiums selbst vorantreiben.

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