Dr. Peter Hefele, Policy Director am Wilfried Martens Centre for European Studies, prognostiziert erhebliche Konflikte bei den anstehenden Verhandlungen über den Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) der EU. Das Wilfried Martens Centre, eine der christlich konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) nahestehende wissenschaftliche Stiftung, sieht neue Herausforderungen durch die Erweiterung der traditionellen Aufgabenfelder der EU um Themen wie die europäische Verteidigung und die industrielle Wettbewerbsfähigkeit.
In einem Interview mit dem Nachrichtendienst Agra Europe betonte Hefele, dass signifikante Umschichtungen im EU-Budget notwendig seien, um diese neuen Prioritäten finanziell zu unterstützen. Er deutete an, dass neue Finanzierungsquellen durch eigene Einnahmen der EU oder die Vergemeinschaftung von Schulden erschlossen werden könnten, obwohl jede dieser Optionen politisch sensible Punkte berühre. „Ich sehe offen gesagt noch keinen Ausweg aus dem Dilemma“, räumte Hefele ein.
Die durch einen Leak ausgelösten Spekulationen über einen radikalen Umbau des EU-Haushalts, der auch das Agrarbudget betreffen könnte, findet Hefele grundsätzlich positiv. „Es ist gut, dass endlich mal ein Stein in den Teich der Reformdiskussion geschmissen wurde“, so der Politikexperte. Er sieht in der Delegation der Agrarpolitik an die Mitgliedsstaaten eine Chance für mehr Subsidiarität und Eigenständigkeit.
Gleichzeitig hält er einen dramatischen Einbruch des Agrarbudgets, wie ihn manche Beobachter aus dem Leak ableiten, für unwahrscheinlich. „Dies läge nicht im Interesse der Nationalstaaten“, erklärte er. Angesichts eines möglichen EU-Beitritts der Ukraine wies Hefele darauf hin, dass eine erhebliche finanzielle Unterstützung der europäischen Landwirte unerlässlich sein wird, da die ukrainischen Agrarstrukturen nicht mit denen der EU kompatibel sind. Für den Wiederaufbau der Ukraine wird dem Agrarsektor eine zentrale Rolle zugeschrieben.
Abschließend betonte Hefele die Notwendigkeit eines umfassenden Umbaus der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), um auf die sich wandelnden Bedürfnisse und Herausforderungen innerhalb der EU adäquat reagieren zu können.