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Helmholtz-Forscher sehen strengere Düngeregeln als nötig

Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) halten die aktuellen Vorgaben der EU für die Düngung nicht für ausreichend, um den Stickstoffüberschuss in den Böden bis 2030 wie geplant zu halbieren. In einer aktuellen Analyse empfehlen sie eine deutlich stärkere Reduzierung des Einsatzes von Gülle und Mineraldünger.

Die Bundesregierung plant im Herbst eine Überarbeitung des Düngerechts. Sollten die Empfehlungen der Forscher berücksichtigt werden, könnten Landwirte mit weiteren Einschränkungen rechnen. Im Koalitionsvertrag hatten Union und SPD bereits festgelegt, dass insbesondere in den sogenannten Roten Gebieten verursachergerechte Maßnahmen greifen sollen.

Nach den Berechnungen des UFZ wäre eine Verringerung des Mineraldüngereinsatzes um 20 Prozent sowie eine Halbierung der Gülle notwendig, um die Vorgaben der EU-Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ zu erreichen. Ohne moderne Düngetechnologien und angepasste Bewirtschaftung könnten die erforderlichen Kürzungen sogar bei bis zu 67 Prozent weniger Gülle liegen.

Eine Umsetzung dieser Maßnahmen hätte spürbare Folgen für die Produktion. Selbst bei Nutzung moderner Verfahren rechnen die Forscher mit durchschnittlichen Ertragseinbußen von 17 Prozent, bei herkömmlicher Technik könnten es bis zu 25 Prozent sein. Damit wären deutliche Rückgänge bei der Erzeugung von Lebens- und Futtermitteln verbunden.

Die Wissenschaftler betonen, dass ihre Modellrechnungen auf den Stickstoffüberschüssen der Jahre 2015 bis 2019 basieren. Seither wurden die Vorgaben durch Anpassungen im Düngerecht verschärft. Nach Angaben des Umweltbundesamtes sank der Stickstoffüberschuss in Deutschland von 106 Kilogramm pro Hektar im Jahr 2015 auf 63 Kilogramm im Jahr 2022. Sollte dieser Trend anhalten, wäre das Ziel eines mittleren Überschusses von 70 Kilogramm pro Hektar im Fünfjahreszeitraum erreichbar.

Die Forscher prüften zudem, wie sich verschiedene Szenarien auf den gesamten europäischen Raum auswirken würden. Eine Reduzierung des Mineraldüngers um 20 Prozent würde demnach den Überschuss lediglich um 10 bis 16 Prozent senken. Selbst das ambitionierteste Modell der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO), das von einem Rückgang des Mineraldüngers um 43 Prozent und der Gülle um 4 Prozent ausgeht, ergäbe nur eine Reduktion um 30 bis 45 Prozent.

Einige Staaten wie Schweden, Dänemark, Lettland, Litauen und Tschechien könnten nach diesen Berechnungen ihre Überschüsse halbieren. Länder mit besonders hohen Stickstoffeinträgen wie Deutschland oder die Niederlande blieben jedoch deutlich unter dem 50-Prozent-Ziel.

Für die Analyse wurde auch die Entwicklung der Stickstoffbilanzen seit 1850 betrachtet. Dabei ordneten die Forscher die Länder vier Kategorien zu: Staaten mit hohem Gülleeinsatz wie die Niederlande und Dänemark zählen zur Gruppe „Wirtschaftsdünger“. Länder wie Deutschland und Frankreich, in denen mehr Kunstdünger verwendet wird, gehören zur Kategorie „Kunstdünger“. Viele osteuropäische und mediterrane Staaten fallen in die Gruppe „Moderater Einsatz“, während nordeuropäische Länder wie Norwegen, Schweden und Finnland unter „Natürliche Landschaften“ eingeordnet wurden.

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