Der Deutsche Bauernverband blickt mit zunehmender Skepsis auf das von der Regierungskoalition geplante Naturflächenbedarfsgesetz. Verbandspräsident Joachim Rukwied sieht in der geplanten Regelung einen Eingriff in das Eigentum landwirtschaftlicher Betriebe und warnt vor einer Verschärfung des Flächenrückgangs in der Landwirtschaft.
Im Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD finden sich aus Sicht des Bauernverbandes durchaus positive Ansätze. Genannt werden unter anderem die geplante Entlastung beim Agrardiesel, der Verzicht auf die Stoffstrombilanz sowie das klare Bekenntnis zur Fortführung der Tierhaltung in Deutschland. Für Unmut sorgt jedoch ein Abschnitt zur geplanten Umsetzung des EU-Renaturierungsgesetzes (NRL).
Konkret ist im Koalitionsvertrag die Rede davon, dass mit dem Naturflächenbedarfsgesetz die Ausweisung von Ausgleichs- und Ersatzflächen sowie deren Vernetzung erleichtert werden soll. Rukwied befürchtet, dass diese Maßnahmen zu einem beschleunigten Verlust landwirtschaftlicher Nutzflächen führen könnten. Er sieht dabei die Gefahr, dass landwirtschaftlich genutzte Flächen in größerem Umfang für naturschutzrechtliche Zwecke umgewidmet werden, ohne dass Landwirte ausreichend eingebunden werden.
Aus seiner Sicht fehlt es in dem Konzept an einem partnerschaftlichen Ansatz. Zwar sei im Koalitionsvertrag mehrfach von einer stärkeren Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft die Rede, doch im Bereich der Flächenregulierung sieht Rukwied diese Haltung nicht eingelöst.
Hintergrund ist das EU-Renaturierungsgesetz, das von den Mitgliedstaaten verlangt, bis zum Jahr 2030 mindestens 30 Prozent der geschädigten Lebensräume – darunter Wälder, Feuchtgebiete, Wiesen sowie Gewässer – in einen guten Zustand zu bringen. In den Folgejahren soll dieser Anteil auf 60 Prozent bis 2040 und auf 90 Prozent bis 2050 steigen. Zunächst liegt der Schwerpunkt auf Natura-2000-Gebieten.
Das Bundesumweltministerium geht davon aus, dass mit der Umsetzung dieser Vorgaben ein wachsender Bedarf an Flächen einhergeht. In den kommenden Jahren müssen alle EU-Staaten nationale Pläne zur Wiederherstellung der Natur entwickeln und diese bis September 2026 bei der EU-Kommission einreichen.
Rukwied äußert Zweifel daran, ob es Union und SPD tatsächlich gelingen wird, beim Klima- und Umweltschutz die Anforderungen des Naturschutzrechts so umzusetzen, dass sie die Flächenverfügbarkeit für die landwirtschaftliche Nutzung nicht weiter einschränken. Die Sorge ist, dass sich der ohnehin spürbare Konkurrenzdruck um landwirtschaftlich nutzbare Flächen weiter verschärft.
Eine abweichende Perspektive bringt die umweltpolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Anja Weisgerber (CSU), ein. Sie spricht sich dafür aus, Naturschutz und beschleunigte Planungsverfahren miteinander zu verbinden. Ihrer Ansicht nach kann ein pragmatischer Ansatz beim Artenschutz dazu beitragen, sowohl den Ausbau von Maßnahmen als auch die Interessen der Landwirtschaft in Einklang zu bringen.
Die Regierungskoalition verfolgt den Ansatz, durch produktions- und betriebsintegrierte Kompensationsmaßnahmen landwirtschaftliche Flächen mehrfach zu nutzen. Damit soll der Nutzungskonflikt abgemildert und gleichzeitig Raum für Natur und Artenvielfalt geschaffen werden.
Weisgerber sieht darin eine Möglichkeit, naturschutzfachliche Anforderungen mit der Versorgungssicherheit bei Lebensmitteln zu verbinden. Der geplante gesetzliche Rahmen soll sicherstellen, dass die Landwirtschaft auch künftig über ausreichend Fläche für eine nachhaltige und wettbewerbsfähige Produktion verfügt.