Die Anforderungen an moderne Wintergerstensorten sind hoch: Gesunde Bestände, stabile Erträge und eine verlässliche Kornqualität stehen bei den Landwirten im Vordergrund. In Marktfrucht- und Gemischtbetrieben hat sich die Wintergerste in den vergangenen Jahren als feste Größe etabliert. Ihre Frühreife und die gute Kombinierbarkeit mit Winterraps in der Fruchtfolge machen sie für viele Betriebsstrategien unverzichtbar.
Im Vergleich zu Winterweizen überzeugt die Wintergerste häufig durch eine höhere Ertragsstabilität. Trotz dieses Vorteils stehen die Betriebe unter wirtschaftlichem Druck, weshalb die Wahl geeigneter Sorten von großer Bedeutung ist. Im Jahr 2025 stieg die Anbaufläche bundesweit auf rund 23.100 Hektar. Besonders die Sorte Julia erreicht mit mehr als 5.000 Hektar einen bemerkenswerten Flächenanteil.
Neben etablierten Sorten lohnt sich ein Blick auf weitere Varianten, denn die Unterschiede in Ertrag, Krankheitsresistenz und Qualitätsmerkmalen sind erheblich. Hybridgersten etwa zeigen in vielen Situationen eine starke Leistung, vor allem bei abiotischem Stress. Während ältere Hybride wie SY Galileoo hohe Erträge erzielen, sind bei diesen Sorten teilweise Schwächen in Standfestigkeit, Blattgesundheit oder Hektolitergewicht zu beobachten.
Neuere Entwicklungen bieten Verbesserungen in diesen Punkten. Die Sorte SY Loona bringt eine bessere Standfestigkeit und zeigt Fortschritte bei der Kornqualität. SY Dakoota bietet eine ausgewogene Kombination aus Ertragsstärke, Pflanzenstabilität und Gesundheitsprofil.
Auf Standorten mit bekannten Virusbelastungen ist die richtige Sortenwahl besonders wichtig. Wo das Gelbmosaikvirus Typ 2 (GMV2) vorkommt, empfiehlt sich der Anbau resistenter Sorten. SU Midnight vereint eine Resistenz gegen beide GMV-Typen und bietet damit ein hohes Maß an Sicherheit. Auch die Sorten Avantasia und Julia haben sich unter diesen Bedingungen bewährt.
Für frühe Saatzeitpunkte sollte zudem auf eine Toleranz gegenüber dem Barley Yellow Dwarf Virus (BYDV) geachtet werden. Sorten, die sowohl eine GMV-Doppelresistenz als auch BYDV-Toleranz bieten, eignen sich besonders gut für empfindliche Standorte mit hohem Infektionsdruck.
Zweizeilige Wintergersten sind vor allem im süddeutschen Raum verbreitet. Sie zeichnen sich häufig durch eine hohe Kornqualität aus und kombinieren diese mit soliden Erträgen. Wichtig bei der Auswahl solcher Sorten sind die Eigenschaften Standfestigkeit und Strohstabilität – besonders auf Flächen mit starker Stickstoffnachlieferung.
Ein zentraler Qualitätsparameter bleibt das Hektolitergewicht, das maßgeblich über die Vermarktungsfähigkeit entscheidet. Landessortenversuche (LSV) bieten praxisnahe Daten zu Ertragsleistung, Krankheitsanfälligkeit und Standortanpassung. Die Ergebnisse dieser Versuche können eine wertvolle Orientierung für die Sortenwahl bieten.
Neue Züchtungen wie KWS Chilis, Charmant, SY Colyssoo oder SY Zoomba bringen interessante Eigenschaften mit und können für den Probeanbau infrage kommen. Trotz einer gewissen Krankheitsanfälligkeit bleibt Julia aufgrund ihrer positiven Gesamteigenschaften eine nach wie vor gefragte Sorte.
Zahlreiche andere Sorten stehen jedoch bereit, je nach Betriebsstruktur und Standortbedingungen ihre Stärken einzubringen. Die differenzierte Betrachtung aktueller Züchtungen und die gezielte Auswahl bleiben wesentliche Schritte, um die Potenziale der Wintergerste bestmöglich zu nutzen.
