Die deutsche Landwirtschaft steht vor einer großen Herausforderung, sollte die EU-Kommission ihr geplantes Totalverbot chemischer Pflanzenschutzmittel in Schutzgebieten durchsetzen. Ein aktuelles Gutachten der Fachhochschule Soest, vorgestellt von Prof. Friedrich Kerkhof, illustriert die drastischen wirtschaftlichen Folgen dieses Vorschlags. Besonders betroffen wären der Kartoffel- und Spargelanbau sowie andere Feldfrüchte wie Raps und Weizen.
Das Gutachten, das im Auftrag des Deutschen Bauernverbandes (DBV) erstellt wurde, offenbart, dass Landwirte auf fruchtbaren Ackerbaustandorten mit Einbußen von bis zu 50 Prozent ihres Einkommens rechnen müssen. In weniger ertragreichen Gebieten könnte der Ackerbau mittelfristig sogar gänzlich unwirtschaftlich werden. Insbesondere der Anbau von Kartoffeln und Spargel, aber auch Speisezwiebeln würde unter diesen Bedingungen nicht fortgeführt werden können.
Die Studie zeigt auf, dass ohne chemischen Pflanzenschutz die Erzeuger die hohen Qualitätsstandards des Handels nicht mehr erfüllen könnten. Dies würde schnell zu einem Totalausfall der Ernte führen. Alternativen wie der Anbau von Zuckerrüben oder Winterweizen wären zwar möglich, würden jedoch für viele Betriebe finanzielle Einbußen bedeuten. So schätzt das Gutachten die Einkommensverluste für einen typischen Gemüsebaubetrieb auf 6.900 Euro pro Hektar.
Die Vorschläge der EU-Kommission, die Teil der Farm-to-Fork-Strategie sind, sehen vor, den Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln in der EU bis 2030 um 50 Prozent zu reduzieren, in Deutschland sogar um 55 Prozent. Diese Pläne stoßen jedoch auf breite Ablehnung, sowohl im Europäischen Parlament als auch im EU-Agrarrat, wobei nur die Bundesregierung den Ansatz der Kommission unterstützt.
Das Gutachten prognostiziert zudem, dass ein Totalverbot in Schutzgebieten etwa 31 Prozent der Ackerfläche und 36 Prozent der Fläche für Obst- und Weinbau in Deutschland beträfen. Die Ertragseinbußen in diesen Zonen würden bei Wintergetreide 30 Prozent erreichen, bei Kartoffeln und Winterraps sogar etwa 40 Prozent. Die Einkommensverluste in einem typischen Ackerbaubetrieb würden demnach 449 Euro pro Hektar betragen.
Für Milchviehbetriebe in Grünlandregionen wäre es entscheidend, ob sie die zu erwartenden Einbußen in der Grundfutterversorgung kompensieren könnten. Scheitert dies, müssten Viehbestände reduziert werden, was weitere Einkommensverluste nach sich ziehen würde.
Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, kritisiert die Pläne der EU-Kommission als weltfremd und warnt vor erheblichen Risiken für die landwirtschaftliche Produktion und die Ernährungssicherheit in Europa. Er fordert anstelle von pauschalen Verboten intelligentere Lösungen, die die Besonderheiten der einzelnen Landwirtschaftsbereiche berücksichtigen und den Landwirten eine nachhaltige Produktionsweise ermöglichen.