Der deutsche Kartoffelmarkt steht derzeit unter erheblichem Druck. Ein massives Überangebot hat die Preise für freie Ware, die nicht durch Verträge abgesichert ist, auf ein extrem niedriges Niveau gedrückt. Für die Verbraucher ist dies bislang kaum spürbar, die Auswirkungen treffen in erster Linie die Erzeuger.
Die Verwendung von Kartoffeln als Futter oder zur Energiegewinnung in Biogasanlagen ist an sich nicht ungewöhnlich. In der Regel betrifft dies jedoch Ware minderer Qualität oder ältere Partien, die nach der neuen Ernte den Markt zusätzlich belasten. In diesem Jahr gelangen jedoch auch große Mengen frischer Ernte zu sehr niedrigen Preisen auf diese Absatzwege, was zu erheblichen Verlusten in den Betrieben führt.
Über viele Jahre galt der Kartoffelanbau als verlässlich mit hohen Deckungsbeiträgen. Dies führte dazu, dass Landwirte die Anbauflächen insbesondere für Verarbeitungskartoffeln kontinuierlich ausgedehnt haben. Selbst in Regionen abseits der großen Verarbeitungsstandorte haben Kartoffeln inzwischen einen festen Platz in den Fruchtfolgen. Fachleute erwarten für Deutschland eine Gesamternte von 13 bis 13,5 Millionen Tonnen, rund drei Millionen Tonnen mehr als im Vorjahr. Grundlage dieses Zuwachses ist nicht eine außergewöhnlich hohe Flächenleistung, sondern die Erweiterung der Anbaufläche.
Der Markt für Verarbeitungskartoffeln steht allerdings unter internationalem Druck. Die Frittenindustrie sieht sich weltweit wachsender Konkurrenz ausgesetzt, was den Absatz erschwert. Zusätzlich fehlt es an ausreichenden Lagermöglichkeiten für die großen Mengen, wodurch der Preisdruck weiter steigt. Trotz guter Qualitäten werden daher für nicht vertraglich gebundene Partien nur sehr niedrige Erlöse erzielt.
Das Anbaujahr für Frühkartoffeln begann günstig. Die Pflanzungen erfolgten früh, die Bestände entwickelten sich unter vorteilhaften Bedingungen und die Qualität war hoch. Durch die schnelle Entwicklung gelangten die Knollen jedoch rund drei Wochen früher auf den Markt als üblich. Dies führte zu einem Überangebot und zu Engpässen bei der Vermarktung.
Die europäischen Verarbeitungsbetriebe nehmen zurzeit fast ausschließlich Vertragsware ab. Freie Mengen finden kaum Absatz und werden deshalb als Tierfutter oder in Biogasanlagen verwertet. Diese Entwicklung trifft nicht nur konventionelle Erzeuger, sondern auch Biobetriebe. Besonders hart betroffen sind Neueinsteiger, die in den vergangenen Jahren von hohen Erlösen angelockt wurden, aber keine festen Abnahmeverträge abgeschlossen haben.
Nach Einschätzung von Marktteilnehmern ist ein grundlegendes Umdenken erforderlich. Anpassungen bei Vertragsbedingungen, eine stärkere Ausrichtung auf Qualität und eine bessere Organisation der Logistik gelten als notwendige Schritte, um die Wettbewerbsfähigkeit wiederherzustellen. Trotz der aktuellen Belastungen sehen Branchenkenner langfristig Chancen, die Produktion stabiler aufzustellen und den Markt zu entlasten.
