Laut einem kürzlich in Bloomberg veröffentlichten Artikel steht Europa an einem kritischen Wendepunkt, an dem politische Lähmung, externe Bedrohungen und wirtschaftlicher Niedergang die Ambitionen der Europäischen Union, sich als unabhängige globale Macht zu etablieren, ernsthaft gefährden. Die aktuellen geopolitischen und wirtschaftlichen Herausforderungen zwingen die Mitgliedstaaten dazu, verstärkt ihre eigenen Interessen zu verteidigen und verdeutlichen die Unfähigkeit der EU, als einheitlicher und dynamischer Wirtschaftsblock zu fungieren.
Die Übertragung von Vetorechten an ultrarechte Kräfte in Frankreich, mögliche Schließungen großer deutscher Automobilwerke und der Rückzug amerikanischer Technologiekonzerne aufgrund strengerer EU-KI-Regulierungen zeigen die Schwäche der Union und ihre verschlechterte Reaktionsfähigkeit auf Bedrohungen wie die chinesische Industriepolitik oder potenzielle Feindseligkeiten seitens Russlands oder der USA.
Die Trägheit der europäischen Regierungen und ihre mangelnde Bereitschaft, auf Aufrufe zur Erhöhung der Investitionen und zur Einführung gemeinsamer Anleihen zu reagieren, verdeutlichen einen fast resignierten Zustand der Region. Gelehrte wie Guntram Wolff von der Freien Universität Brüssel warnen, dass ohne wirtschaftliche Stärke keine geopolitische Macht möglich ist, und betonen die katastrophalen Auswirkungen des mangelnden Produktivitätswachstums über die letzten zwei Jahrzehnte.
Europa steht zudem vor dramatischen klimatischen Veränderungen und demografischen Verschiebungen und hinkt in der Anpassung an eine postindustrielle Wirtschaft deutlich hinterher. Dies gibt geopolitischen Rivalen wie China und den USA Raum, ihre Vorteile auszuspielen, während Europa mit veralteten Wirtschaftsmodellen und einem unruhigen Wählerklientel kämpft, das kaum Alternativen akzeptiert.
Französische Führungskräfte diskutieren bereits tiefere Integrationen mit kleineren Ländergruppen außerhalb der EU, während Polen und Spanien ähnliche unabhängige Initiativen vorantreiben. Die geopolitische Spaltung wird real, und die jüngsten Entscheidungen von Unternehmen wie Apple und Meta, ihre neuesten Technologien nicht in der EU anzubieten, untergraben weiter die Rolle Europas als globale Normsetzerin.
Die wachsende Abhängigkeit von der chinesischen Wirtschaft und die Auseinandersetzungen mit Peking, der Verlust russischer Energiequellen und die aggressiven industriepolitischen Strategien der Biden-Administration in den USA stellen zudem einen Bruch mit dem alten europäischen Exportmodell dar, was die Region zusätzlich schwächt.
Ohne unmittelbare und entschlossene Maßnahmen droht Europa hinter seine Hauptwettbewerber USA und China zurückzufallen, was den wirtschaftlichen Niedergang der Region unumkehrbar machen könnte. Es ist eine entscheidende Zeit für Europa, um sein Fundament zu festigen und die drohenden geopolitischen und wirtschaftlichen Herausforderungen aktiv anzugehen.