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EU plant tiefgreifenden Umbau der Agrarförderung ab 2028

Die Europäische Kommission hat Vorschläge vorgelegt, die eine grundlegende Neuausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) und ihrer Finanzierung ab dem Jahr 2028 vorsehen. Ziel ist es, die bisherigen Förderinstrumente zu vereinfachen, gezielter auszurichten und deren Wirkung zu erhöhen. Die Pläne sind Teil des Entwurfs für den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen der EU.

Kern des Vorhabens ist ein Systemwechsel bei der Gestaltung der Agrarpolitik. Künftig sollen Fördermaßnahmen und deren Ausgestaltung nicht mehr zentral für alle Mitgliedstaaten festgelegt werden, sondern in bilateralen Verhandlungen zwischen der Kommission und den einzelnen Ländern definiert werden. Diese Gespräche sollen auf sogenannten nationalen und regionalen Partnerschaftsplänen (NRP-Plänen) basieren, die die bisherigen GAP-Strategiepläne ersetzen.

Durch diese Umstellung befürchten Kritiker eine Abkehr vom gemeinsamen Agrarmarkt. Sie warnen vor unterschiedlichen Bedingungen in den Mitgliedstaaten, was zu Wettbewerbsverzerrungen führen könnte. Welche Behörden in Deutschland an der Ausarbeitung der Pläne beteiligt sein werden und wie die Bundesländer eingebunden sind, ist bislang offen.

Für Deutschland ist mit einem Rückgang der verfügbaren GAP-Mittel zu rechnen. Nach derzeitigen Berechnungen könnte der Anteil am neuen NRP-Fonds bei rund 8 Prozent liegen. Dies würde bedeuten, dass etwa 22 Prozent der bisherigen EU-Agrarförderung für Deutschland entfallen. Dennoch sollen im kommenden Förderzeitraum rund 23,5 Milliarden Euro für Einkommensstützungen bereitstehen.

Eine weitere zentrale Veränderung betrifft die bisherige Struktur der GAP. Die bisher getrennt geführten Fonds – der Europäische Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGF) und der Fonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (EAFRD) – sollen in einem neuen Finanzinstrument zusammengeführt werden. Dieser sogenannte Fonds für nationale und regionale Partnerschaften soll alle künftigen Fördermaßnahmen bündeln.

Im Rahmen dieser neuen Struktur plant die Kommission eine Mindestprämie von 130 Euro pro Hektar. Die Direktzahlungen sollen in einer Spanne von 130 bis 240 Euro pro Hektar liegen und mit zunehmender Betriebsgröße degressiv ausgestaltet werden. Auch regionale und einkommensbezogene Differenzierungen sind vorgesehen. Ergänzende Zahlungen für benachteiligte Gebiete und Schutzgebiete sind ebenfalls Teil der Reform.

Mitgliedstaaten erhalten die Möglichkeit, bestimmte Regionen zusätzlich zu unterstützen, sofern die finanziellen Mehrbelastungen innerhalb eines festgelegten Rahmens bleiben. Auch für Flächen in Schutzgebieten nach EU-Richtlinien sollen weiterhin gezielte Zahlungen möglich sein.

Zudem sieht der Entwurf vor, den Spielraum für gekoppelte Direktzahlungen zu erweitern. Künftig könnten bis zu 25 Prozent der GAP-Mittel in Form gebundener Prämien vergeben werden – zum Beispiel für bestimmte Produktionsformen wie die Tierhaltung.

Statt der bisherigen Konditionalitätsregelungen soll künftig das Prinzip „Farm Stewardship“ gelten. Es umfasst EU-weit verbindliche Anforderungen in den Bereichen Umwelt, Soziales und Klima sowie ergänzende nationale Regelungen. Für darüber hinausgehende Leistungen sollen Landwirtinnen und Landwirte freiwillige Programme mit zusätzlichen Zahlungen nutzen können – etwa zum Moorschutz, zur Vermeidung von Bodenerosion oder zur Klimaanpassung.

Auch junge Betriebsleiter und neue Gründungen sollen stärker gefördert werden. Geplant ist ein Startpaket, das gezielt auf den Aufbau und die Etablierung neuer landwirtschaftlicher Unternehmen abzielt.

Die Umstellung der GAP steht vor umfangreichen Abstimmungen innerhalb der EU. Da der mehrjährige Finanzrahmen Einstimmigkeit erfordert, ist mit langwierigen Verhandlungen zu rechnen. Sobald die Gespräche nach der Sommerpause beginnen, dürfte sich der Wettbewerb um Mittel auch auf die Bundesländer und Regionen erstrecken. Die genaue Ausgestaltung der Pläne wird maßgeblich davon abhängen, wie die Mitgliedstaaten und Institutionen in den kommenden Jahren verhandeln.

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