In Frankreich scheint sich der Kurs in Bezug auf das Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und den Mercosur-Staaten allmählich zu verändern. Zwar bemüht sich Landwirtschaftsministerin Annie Genevard offenbar weiterhin um eine Sperrminorität unter den EU-Mitgliedsländern, jedoch signalisierte Staatspräsident Emmanuel Macron jüngst Offenheit für Kompromisse.
Das Abkommen zwischen der EU und dem südamerikanischen Staatenbund wurde Ende 2024 von der EU-Kommission und den Mercosur-Ländern – Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay – abgeschlossen. Damit es in Kraft treten kann, bedarf es der Zustimmung sowohl durch das Europäische Parlament als auch durch die nationalen Regierungen der Mitgliedsstaaten.
Einem Medienbericht zufolge äußerte sich Macron am 6. Juni im brasilianischen Fernsehen zugunsten des Vertragswerks. Er deutete an, eine Zustimmung bis Jahresende für möglich zu halten, sofern sogenannte „Spiegelklauseln“ eingefügt werden. Diese würden sicherstellen, dass südamerikanische Agrarprodukte bei der Einfuhr nach Europa denselben Standards genügen müssen wie europäische Erzeugnisse.
Kurz vor diesem Interview hatte Macron in Paris den brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva empfangen. Lula zeigte sich gesprächsbereit und drängte auf Fortschritte bei den Vertragsverhandlungen. Er kündigte an, während des brasilianischen Mercosur-Vorsitzes, der von Juli bis Dezember läuft, einen erfolgreichen Abschluss des Abkommens anzustreben.
Trotz dieser Signale bleibt die französische Regierung in Teilen skeptisch. Während des Besuchs da Silvas bekräftigte Genevard gemeinsam mit ihren Kollegen aus Österreich und Ungarn, Norbert Totschnig und István Nagy, ihre ablehnende Haltung. Nach Ansicht der drei Minister bleibt das Abkommen trotz aktueller weltpolitischer Unsicherheiten problematisch.
Bereits im Mai hatte Genevard Wien und Budapest besucht, um eine gemeinsame Linie gegen das Abkommen abzustimmen. Ihre Initiative zielt darauf ab, innerhalb der EU eine kritische Masse gegen die Ratifizierung aufzubauen.
In Deutschland hingegen steht die Bundesregierung geschlossen hinter dem Abkommen. Die Koalition aus CDU, CSU und SPD spricht sich im gemeinsamen Regierungsprogramm eindeutig für Freihandel und Agrarexporte aus. Im außenpolitischen Teil des Koalitionsvertrags heißt es, dass das EU-Mercosur-Abkommen endlich umgesetzt werden müsse.
Unterdessen bereitet sich EU-Agrarkommissar Christophe Hansen auf eine Reise nach Südamerika vor. Für Ende Oktober ist ein Besuch in Brasilien geplant, bei dem er gemeinsam mit Vertretern aus Agrar- und Ernährungswirtschaft vor Ort Gespräche führen will. Hansen sieht im Abkommen Schutzmechanismen, die sicherstellen sollen, dass europäische Betriebe nicht durch niedrigere Standards bei Importwaren benachteiligt werden.