Anzeige
 

Milchpreise in NRW erreichen Rekordwerte

Landwirte in Nordrhein-Westfalen konnten sich 2024 über einen bemerkenswerten Milcherlös freuen: 48,37 Cent je Kilogramm flossen durchschnittlich in ihre Kassen. Dieser Wert markiert den zweitbesten jemals gemessenen Auszahlungspreis in der Region.

An der Spitze des Preisvergleichs rangierte FrieslandCampina mit 49,34 Cent pro Kilogramm. Arla folgte mit 48,85 Cent, während die Privatmolkerei Moers 48,02 Cent auszahlte. Diese erfreulichen Erlöse stehen jedoch einem besorgniserregenden Trend gegenüber: Die Milchkuhbestände schrumpfen kontinuierlich.

Warum reduzieren Betriebe ihre Herden, obwohl die Nachfrage nach Milch anhaltend hoch bleibt?

Die Zeiten eines einheitlichen Milchpreises sind längst vorbei. Molkereien bewerten verschiedene Qualitäten und Produktionsweisen mittlerweile sehr unterschiedlich. In Nordrhein-Westfalen kristallisieren sich dabei drei wesentliche Segmente heraus:

Lediglich 15 Prozent der regionalen Milchmenge entstammt noch der herkömmlichen Erzeugung. Für diese zahlen die Verarbeiter im Mittel 46,55 Cent pro Kilogramm. Die Hälfte der nordrhein-westfälischen Milch wird ohne Gentechnik produziert und erreicht Preise von durchschnittlich 47,85 Cent je Kilogramm.

Besonders lukrativ erweist sich das oberste Segment: Rund ein Drittel der Milch entsteht unter erhöhten Standards wie den Haltungsformen 3 und 4 oder als Weidemilch. Hierfür erhalten die Erzeuger im Schnitt 50,01 Cent pro Kilogramm.

Trotz dieser attraktiven Erlöse setzt sich der Strukturwandel in der Branche unvermindert fort. Verschiedene Faktoren tragen zu dieser Entwicklung bei: Nachwirkungen von Tierseuchen wie der Blauzungenkrankheit belasten die Betriebe ebenso wie die ständige Bedrohung durch weitere Krankheitsausbrüche.

Der Mangel an Hofnachfolgern und qualifizierten Arbeitskräften verschärft die Situation zusätzlich. Gleichzeitig zwingen immer strengere Vorschriften für Gülle- und Fahrsiloanlagen die Betriebe zu kostspieligen Investitionen.

Ein weiterer Aspekt spielt eine wichtige Rolle: Immer mehr Milchviehhalter stellen auf anspruchsvollere Haltungsformen um. Diese Umstellung erfordert häufig eine Verkleinerung der Bestände, um den neuen Standards gerecht zu werden.

Die Aussichten für das laufende Jahr stimmen optimistisch. Möglicherweise werden sogar neue Rekordwerte erreicht. Das erste Quartal in Nordrhein-Westfalen verzeichnete bereits einen Milchpreis von 52,45 Cent pro Kilogramm – ein beeindruckender Anstieg von 22 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum.

Dennoch schrumpfen die Milchkuhbestände weiter. Im Mai zählte Nordrhein-Westfalen 362.000 Kühe, knapp zwei Prozent weniger als 2024. Bundesweit fiel der Rückgang mit 2,5 Prozent auf 3,58 Millionen Tiere noch deutlicher aus.

Diese Entwicklung schlug sich direkt in der Produktionsmenge nieder: Im ersten Halbjahr sank die Milcherzeugung in Nordrhein-Westfalen um fast vier Prozent, bundesweit um gut zwei Prozent.

Bei stabiler Nachfrage wird Milch damit zu einem knappen Gut. Molkereien reagieren mit verstärkter Rohstoffsuche. Sie scheuen weder weite Transportwege noch besondere Anreize, um neue Lieferanten zu gewinnen.

Diese veränderte Marktlage eröffnet den Milcherzeugern neue Möglichkeiten: Erstmals können sie zwischen verschiedenen Abnahmeangeboten wählen und selbst bestimmen, welche Molkerei ihre Milch verarbeiten soll.