Die Gemeinsame Agrarpolitik der Europäischen Union soll ab dem Jahr 2028 überarbeitet werden. Bereits jetzt sorgen die geplanten Änderungen jedoch für Unruhe – sowohl in Brüssel als auch in den landwirtschaftlichen Betrieben der Mitgliedstaaten. Viele Landwirte sehen sich mit zunehmender Regulierung und wachsendem bürokratischem Aufwand konfrontiert.
Angesichts dieser Entwicklung haben sich 26 Mitglieder des Europäischen Parlaments aus CDU und CSU an Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gewandt. In einem Schreiben fordern sie konkrete Schritte, um die Belastung für Landwirte in der EU zu verringern. Ihr Vorschlag: Ein umfassender Gesetzesanpassungsprozess, im EU-Sprachgebrauch „Omnibus-Verfahren“ genannt, soll zahlreiche Regelwerke gleichzeitig überarbeiten.
Ein zentrales Anliegen betrifft die Pflanzenschutzverordnung. Die aktuell geltenden Anforderungen, vor allem in Bezug auf Dokumentation und Zulassung, werden von vielen Betrieben als kaum praktikabel eingeschätzt. Die Abgeordneten sprechen sich für eine Entbürokratisierung aus, um den Einsatz zugelassener Mittel einfacher und schneller zu ermöglichen.
Auch im Bereich der Energiegesetzgebung sehen die Parlamentarier Handlungsbedarf. Die bestehende Erneuerbare-Energien-Richtlinie könnte die Nutzung heimischer Biomasse und Bioenergie erschweren. Anpassungen sollen sicherstellen, dass regionale Rohstoffe weiterhin sinnvoll eingesetzt werden können, ohne durch überzogene Auflagen an Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren.
Ein weiteres Thema ist die sogenannte Störfallverordnung, offiziell Seveso-Richtlinie genannt. Derzeit fallen Biogasanlagen mit einer elektrischen Leistung über 500 Kilowatt unter die Regelung, die ursprünglich für Industrieanlagen mit erheblichen Gefahrenpotenzialen konzipiert wurde. Die Abgeordneten fordern eine praxisgerechte Abgrenzung, die die Besonderheiten landwirtschaftlicher Energieerzeugung berücksichtigt.
Mit Blick auf die Entwaldungsverordnung der EU (EUDR) wird der Dokumentationsaufwand kritisiert. Die Anforderungen zur Rückverfolgbarkeit von Agrarrohstoffen gelten aus Sicht der Unterzeichner als kaum leistbar. Die geforderte Nachweisführung verursacht nicht nur hohe bürokratische Kosten, sondern gefährdet nach Ansicht der Abgeordneten auch die Position europäischer Betriebe im internationalen Wettbewerb.
Die geplante Verordnung zur Wiederherstellung von Naturflächen ruft ebenfalls Bedenken hervor. Die Abgeordneten sprechen sich dafür aus, die Anforderungen an Bodengesundheit und Renaturierung besser mit der landwirtschaftlichen Nutzung in Einklang zu bringen. Der zusätzliche Verwaltungsaufwand werde von vielen Landwirten als Belastung empfunden.
Auch die Industrieemissionsrichtlinie, deren Anwendung auf große Tierhaltungsanlagen ausgeweitet werden soll, sehen die Parlamentarier kritisch. Sie plädieren für eine differenzierte Anwendung, die auf die Betriebsstruktur Rücksicht nimmt. Insbesondere mittelständische Betriebe dürften nicht durch zu hohe Auflagen wirtschaftlich unter Druck geraten.
Ein weiterer Punkt betrifft die Weidepflicht in der EU-Bioverordnung. Einige Biobetriebe sehen sich laut den Abgeordneten gezwungen, aufgrund der neuen Regelungen zur Weidehaltung auf konventionelle Bewirtschaftung umzustellen. Ziel sei es, die Anforderungen so zu gestalten, dass sie auch bei unterschiedlichen Betriebsgrößen realisierbar bleiben.
Das Schreiben wurde unter anderem vom stellvertretenden Vorsitzenden des Agrarausschusses im Europäischen Parlament, Norbert Lins (CDU), sowie den Abgeordneten Christine Schneider (CDU) und Stefan Köhler (CSU) unterzeichnet. Insgesamt tragen 26 EU-Parlamentarier aus den Reihen von CDU und CSU die Forderungen mit.
Eine Stellungnahme der EU-Kommission zur Reaktion auf das Schreiben liegt bislang nicht vor. Auf Nachfrage bei der Kommission gab es bis jetzt keine Antwort. Die Erwartungen an die Kommissionspräsidentin sind aus Sicht der Abgeordneten jedoch klar formuliert: Es soll spürbare Entlastungen für die europäische Landwirtschaft geben – und das möglichst bald.
