Am vergangenen Freitag erreichten die Preise für europäisches Erdgas einen neuen Höhepunkt seit Februar 2023, mit knapp 55 Euro pro Megawattstunde. Diese Entwicklung wird durch die anhaltend niedrigen Temperaturen in Nordwesteuropa und die daraus resultierende hohe Nachfrage sowie durch die abnehmenden Gasreserven beeinflusst.
In Deutschland sind die Verbraucherpreise für Neukunden auf 10 Cent pro Kilowattstunde angestiegen, ein Wert, der seit Mai 2023 nicht mehr erreicht wurde. Meteorologen prognostizieren weiterhin niedrige Temperaturen, die den Verbrauch anheizen und somit den Abbau der Gasvorräte weiter beschleunigen dürften. Aktuell sind die europäischen Gasspeicher zu etwa 51 % gefüllt, ein deutlicher Rückgang im Vergleich zu 69 % im Vorjahr.
Auf der Angebotsseite konnte nach Wartungsarbeiten eine Erhöhung der norwegischen Gasexporte verzeichnet werden, während der Kauf von Flüssigerdgas (LNG) stabil bleibt. Zudem beeinflusst die politische Lage die Märkte: Analysten und Händler untersuchen die Auswirkungen der von China verhängten 15%-Zölle auf US-Erdgas, eine direkte Reaktion auf die Zölle der Trump-Administration auf chinesische Güter.
Ein weiterer Faktor, der die Preise in die Höhe treibt, ist die verstärkte Gasstromproduktion. So wurden in Deutschland und dem Vereinigten Königreich im Januar die höchsten monatlichen Produktionszahlen seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine Anfang 2022 registriert. In den größten Volkswirtschaften Nordeuropas hat die Stromerzeugung aus Gas im Jahr 2025 merklich zugenommen, was ebenfalls zu einem Anstieg der regionalen Gaspreise auf das höchste Niveau seit Anfang 2023 führte.
Der Verbrauch von Gas zur Stromerzeugung stieg im Januar 2025 in Deutschland, dem Vereinigten Königreich, den Niederlanden und Polen um über 10 % im Vergleich zum Vorjahr, was den höchsten Stand seit mindestens 2022 darstellt. Allerdings könnte der Gasverbrauch in den kommenden Wochen nachlassen, da die regionalen Gaspreise nun über den Kosten für Kohleverstromung liegen. Ein Wechsel von Gas zu Kohle in Deutschland und Polen erscheint wahrscheinlich, da Kohleverstromung dort einen größeren Anteil an den nationalen Stromerzeugungssystemen hat als Erdgas.
Ein solcher Wechsel könnte allerdings erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben, da die Energieerzeugung aus Kohle fast doppelt so viel Kohlendioxid freisetzt wie die aus Gas. Dies stellt die Bemühungen um eine Reduzierung der CO2-Emissionen vor große Herausforderungen.