In Griechenland weitet sich der Skandal um missbräuchlich genutzte EU-Agrarsubventionen weiter aus. Ermittlungen der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA) zeigen, dass zahlreiche Personen im großen Stil Fördergelder erschlichen haben. Dabei sollen Landwirte, Beamte und Politiker gemeinsam falsche Flächenangaben und erfundene Tierbestände genutzt haben, um unrechtmäßig hohe Direktzahlungen und Zuschüsse aus Brüssel zu erhalten.
Bereits im Juni wurden umfangreiche Unregelmäßigkeiten in landwirtschaftlichen Betrieben und bei zuständigen Auszahlungsstellen aufgedeckt. Seitdem stößt die EUStA auf immer neue Hinweise. Nach Berichten des Handelsblatts soll es sich um mehrere tausend Beteiligte handeln. Die Aufarbeitung gestaltet sich schwierig, da innerhalb der Behörden nur zögerlich kooperiert wird und Verantwortliche teilweise schweigen.
Mehrfach verpasste die griechische Regierung unter Premierminister Kyriakos Mitsotakis Fristen, um einen konkreten Maßnahmenplan zur Aufklärung vorzulegen. Die EU-Kommission hat nun den 4. November als letzte Frist gesetzt. Sollte bis dahin kein glaubwürdiger Bericht eingereicht werden, droht ein Stopp der laufenden Agrarzahlungen aus Brüssel.
Besonders im Mittelpunkt der Ermittlungen steht die inzwischen aufgelöste Behörde Opekepe, die jahrelang für die Verteilung der EU-Agrargelder verantwortlich war. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft sollen Abgeordnete versucht haben, über Opekepe zusätzlichen Einfluss zu nehmen, um Landwirten in ihren Wahlkreisen finanzielle Vorteile zu verschaffen. Dieses Vorgehen wird als verdeckter Stimmenkauf mit EU-Mitteln gewertet. Gegen mindestens zehn Parlamentarier wird derzeit ermittelt.
Auch zahlreiche Landwirte sollen aktiv in die betrügerischen Praktiken eingebunden gewesen sein. Teilweise wurden Felder und Olivenhaine angegeben, die gar nicht existierten oder außerhalb landwirtschaftlich nutzbarer Gebiete lagen. Um Kontrollen zu umgehen, liehen sich manche Betriebe gegenseitig Viehherden aus, um diese bei Inspektionen vorweisen zu können.
Ein besonders aufsehenerregender Fall betrifft ein Politikerpaar, das zwischen 2019 und 2024 rund 2,6 Millionen Euro an EU-Subventionen für angeblich 1.300 Milchkühe erhielt. Anstelle einer Herde fanden Ermittler jedoch Luxusfahrzeuge in den Stallgebäuden – darunter ein Ferrari und ein Porsche. Vermögenswerte im Wert von 1,5 Millionen Euro wurden beschlagnahmt.
Die griechische Staatsanwaltschaft bezeichnete die Behörde Opekepe als Sinnbild für Korruption, Vetternwirtschaft und Machtmissbrauch. Neben den Agrarsubventionen stehen auch Zollbeamte und Projekte aus dem EU-Aufbaufonds RRF im Verdacht, in das Netz der Unregelmäßigkeiten verwickelt zu sein.
Einer aktuellen Umfrage des Instituts Alco zufolge vermuten 74 Prozent der Bevölkerung, dass die Regierung versucht, den Skandal zu vertuschen. Mehr als die Hälfte der Befragten glaubt zudem, dass die Verantwortlichen trotz der laufenden Ermittlungen keine ernsthaften Konsequenzen zu befürchten haben.
