In den USA wurden seit Ende März Infektionen mit dem Vogelgrippevirus H5N1 auf Milchviehbetrieben gemeldet. Bisher sind offiziell vier Menschen infiziert, jedoch besteht die Möglichkeit weiterer unentdeckter Fälle. Trotz dieser Entwicklungen stuft das US-Landwirtschaftsministerium (USDA) das Risiko für den Menschen weiterhin als gering ein. Aktuell sind 140 Viehherden in zwölf Bundesstaaten betroffen.
Die neu eingeführte Erntegut-Bescheinigung ist umstritten. Kritiker befürchten eine umfangreiche Datensammlung und eine Beeinträchtigung der Privatsphäre. Bisher wurden auf den betroffenen Betrieben keine flächendeckenden Tests durchgeführt, und die meisten Milchviehbetriebsarbeiter, häufig spanischsprachige Einwanderer ohne rechtlichen Schutz, sind nicht gegen Vogelgrippe geimpft. Diese Arbeiter sind besonders gefährdet, da sie direkt mit den infizierten Tieren in Kontakt kommen.
Das USDA und die Food and Drug Administration (FDA) überprüfen zwar Milch und Hackfleisch auf das Virus, doch Betriebskontrollen sind selten. Das Center for Disease Control and Prevention (CDC) ist darauf angewiesen, dass infizierte Personen in Kliniken erscheinen, was bei illegal Beschäftigten unwahrscheinlich ist.
Die wirtschaftlichen Interessen der Bauern könnten ebenfalls eine Rolle spielen, da die Offenlegung von Infektionen zu finanziellen Einbußen führen kann. Einige Bundesstaaten haben daher Testprogramme mit Entschädigungen für betroffene Betriebe eingeführt, um die Akzeptanz zu erhöhen. Trotz dieser Bemühungen haben nur wenige Betriebe Schutzausrüstungen angenommen, da diese unter den Arbeitsbedingungen oft unpraktisch sind.
Die Vogelgrippe H5N1, die 2020 zu einem weltweiten Ausbruch führte, hat bereits Millionen von Nutzgeflügel getötet und ist nun auch in Wildvögeln und anderen Säugetieren verbreitet. Die derzeit vorherrschende Virusvariante 2.3.4.4b ist besonders ansteckend und hat bereits eine breite Palette von Fleischfressern und Meeressäugern infiziert. Menschen, die sich mit dieser Variante infiziert haben, zeigten bisher nur leichte Krankheitssymptome. Virologen warnen jedoch, dass eine unkontrollierte Verbreitung bei Kühen zu gefährlichen Mutationen führen könnte, mit schwer vorhersehbaren Konsequenzen für den Menschen.