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Bayer erwägt Ausstieg aus Glyphosat-Geschäft

Seit Jahren sorgt der Wirkstoff Glyphosat beim Unternehmen Bayer für anhaltende juristische und wirtschaftliche Belastung. Das Herbizid, bekannt unter dem Handelsnamen Roundup, steht immer wieder im Zentrum von Entschädigungsforderungen, Gerichtsurteilen und öffentlicher Kritik. In einem Interview mit dem Handelsblatt deutete Vorstandschef Bill Anderson an, dass Bayer die Herstellung des Wirkstoffs möglicherweise aufgeben könnte – nicht wegen neuer Forschungsergebnisse, sondern wegen des erheblichen Drucks, der vor allem in den USA auf dem Konzern lastet.

Über Jahrzehnte hinweg war Glyphosat für viele Landwirte, besonders in Nordamerika, ein zentrales Hilfsmittel im Pflanzenschutz. Die Anwendung des Mittels ist dort eng verknüpft mit gentechnisch veränderten Nutzpflanzen, die speziell für diesen Wirkstoff entwickelt wurden. Doch mit der Übernahme des US-Konzerns Monsanto hat Bayer auch eine große rechtliche Bürde übernommen: Zehntausende Klagen machen das Unternehmen für angebliche Gesundheitsrisiken verantwortlich – obwohl Behörden wie die US-Umweltschutzbehörde EPA Glyphosat weiterhin als unbedenklich einstufen.

Trotz eines jährlichen Umsatzes von rund 2,6 Milliarden Euro mit glyphosathaltigen Produkten erzielt Bayer kaum noch Erträge in diesem Segment. Allein im Januar musste der Konzern eine Zahlung in Höhe von 1,8 Milliarden Euro leisten. Auch wenn das Unternehmen juristisch dagegen vorgeht, ist die Belastung deutlich spürbar. Insgesamt belaufen sich die Kosten aus Vergleichszahlungen und Rechtsstreitigkeiten inzwischen auf 9,2 Milliarden Euro – und rund 60.000 weitere Klagen stehen noch aus.

Als Reaktion auf diese Situation setzt Bayer zunehmend auf politische Unterstützung. In mehreren US-Bundesstaaten wird derzeit über Gesetze diskutiert, die Herstellern wie Bayer unter bestimmten Bedingungen Rechtssicherheit bieten sollen – etwa wenn ihre Produkte durch die EPA zugelassen wurden. Diese Initiativen stoßen jedoch auf Widerstand, insbesondere bei Verbraucherschutzorganisationen und Klägeranwälten. Parallel dazu versucht Bayer, durch eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs der Vereinigten Staaten Rechtssicherheit zu erlangen. Ein Ergebnis steht noch aus.

Sollte Bayer die Produktion von Glyphosat tatsächlich einstellen, hätte dies weitreichende Konsequenzen. Landwirtschaftliche Betriebe müssten sich neu orientieren, da Alternativen nicht flächendeckend verfügbar sind und deren Umweltwirkungen teils umstritten bleiben. Besonders in den USA könnte dies zu einer verstärkten Abhängigkeit von Importen führen – etwa aus China. In Europa könnte sich durch veränderte Marktbedingungen ebenfalls die Versorgungslage verschieben.

Zusätzlich wären auch Saatgutsysteme betroffen, die gezielt für die Kombination mit Glyphosat entwickelt wurden. Deren Marktwert würde sinken. Gleichzeitig bemüht sich Bayer um die Genehmigung für neue Wirkstoffe wie Dicamba, doch ohne rechtliche Stabilität sind Investitionen in neue Produkte kaum durchsetzbar. Auch auf europäischer Ebene bleibt das Thema präsent: Im Dezember wurde eine Klage von Umweltorganisationen zum Thema Glyphosat beim Europäischen Gerichtshof eingereicht. Der Ausgang könnte künftige Entwicklungen maßgeblich beeinflussen.

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