Beatrice Castella züchtet Appenzeller Sennenhunde und ist mit ihren Hunden an der BEA in Bern anzutreffen. Sie erzählt, was sie an der BEA fast zu Tränen gerührt hat und wie sie mit skeptischen Besuchern umgeht.
«Schweizer Bauer»: Wie ist es dazu gekommen, dass Sie mit Ihrem Appenzeller Sennenhund an der BEA sind?
Beatrice Castella: Ich bin als Zuchtwartin im Vorstand des Clubs für Appenzeller Sennenhunde und wurde angefragt, ob ich bei der Organisation mithelfen und an einigen Tagen selbst mit meinen Hunden vor Ort sein könnte. Die Teilnahme an der BEA ist eine riesige Chance, um unsere Hunderasse präsentieren zu können.
Wie hat sich der Verein für die BEA organisiert?
Der Club macht schon über zehn Jahre – manchmal mit Unterbrüchen wie letztes Jahr – an der BEA mit. Der Vorstand ist für die Organisation zuständig.
Was ist das Herausfordernde mit dem Hund an der BEA?
Die grösste Herausforderung ist, den Stand während der zehn Tage besetzen zu können und genügend Leute zu finden, die mit ihren Hunden kommen, alles andere ist kein Problem. Die meisten Hundebesitzer sind berufstätig oder haben Familien. Wie bei allem, fehlt den Leuten heutzutage einfach die Zeit. Es gibt auch viele landwirte, die Appenzeller Hunde haben. Ende April, Anfang Mai, wenn die BEA stattfindet, fängt für viele die Saison richtig an, und sie müssen silieren oder heuen. So wie auch in diesem Jahr, dann kommt es verständlicherweise zu Absagen. Ich finde es schön, dass man an der BEA die Schweizer Rassen so zusammen sehen kann und dass man in kurzer Zeit einen schönen Überblick über die Schweizer Hunderassen erhält. Den Leuten, besonders den Kindern, macht es Freude.
Gibt es Erlebnisse an der BEA, die Sie besonders geprägt haben?
Ja. Ein Erlebnis an der BEA hat mich fast zu Tränen gerührt. Ich war mit meiner Hündin Gioia am Stand, und da ist ein Mann mit Trisomie21 gekommen und hat den Hund angeschaut und gestrahlt. Er sagte: «Wie mini Sabine – mein Hund», ist mir in die Arme gefallen und hat in meinen Haaren geweint, als er hinzufügte: «Sabine läbt äbe nümme.» Er wollte unbedingt mit Gioia eine kleine Runde spazieren, und ich habe sie ihm gegeben. Bei mir zieht Gioia schon mal, wenn sie kurz etwas schnüffeln will. Bei dem Mann, der auch nicht mehr gut zu Fuss war, hat sie kein einziges Mal gezogen – als hätte sie es einfach gewusst. Dass Gioia und ich in so kurzer Zeit jemandem einen Herzenswunsch erfüllen und so eine Freude machen konnten, hat mich sehr berührt.
Was für Reaktionen gibt es oft?
Wenn die Leute an den Stand kommen und lesen «Appenzeller Sennenhund», dann ist da zuerst oft Skepsis. Die Erwachsenen sagen häufig: «Appenzeller, das sind doch die Wadenbeisser.» Die Kinder werden aufmerksam und kommen näher. Sie setzen sich dann rund um den Hund hin und dürfen ihn streicheln. Es ist schön, den Kindern dann vermitteln zu können, dass Appenzeller keine Wadenbeisser sind. Und den Moment mit dem Hund werden sie nicht vergessen, und in ihren Köpfen wissen sie durch diese Erfahrung: «Nein, Appenzeller sind keine Wadenbeisser, sie sind lieb.»
Wie sind Sie auf den Appenzeller Sennenhund gekommen?
Ich bin auf einem Landwirtschaftsbetrieb aufgewachsen. Als ich 14 Jahre alt war, kaufte mein Vater einen reinen Appenzeller Hund und fing an, damit zu züchten, seitdem bin ich dieser Rasse verfallen.
Was machen Sie mit Ihren Hunden?
Wir haben sechs Hunde, fünf davon sind Appenzeller Sennenhunde. Sie begleiten mich durch den Arbeitsalltag im Garten, auf dem Hof und als Tagesmutter und sind sehr offen gegenüber Kindern. Einmal in der Woche gehe ich in die Spasshundegruppe und vor kurzem habe ich das «Wägeli» fahren -also das Einspannen des Hundes vor einem kleinen Wagen – entdeckt.
Für wen eignet sich der Appenzeller Sennenhund?
Für Menschen, die auf jeden Fall liebevoll, aber geradlinig sind. Wenn man den Appenzeller mit Druck, Druck und nochmals Druck «erziehen» will, kommt es auf jeden Fall nicht gut raus. Der Appenzeller ist kein Anfängerhund. Wichtig ist im Umgang eine liebevolle konsequente Hand.
Was muss man mitbringen, wenn man sich diese Rasse anschaffen will?
Ich persönlich verkaufe nie einen Welpen, wenn kein Umschwung oder Garten vorhanden ist. Der Appenzeller ist ursprünglich ein Hofhund, der sich viel bewegt. Am liebsten läuft er schon einfach dem Bauer hinterher beim Zäunen und bei sonstigen Arbeiten. Sprich: Er ist am liebsten mit seinen Bezugspersonen unterwegs. Er sucht immer den Kontakt zu seinen Menschen und ist als Familienhund nicht gerne allein. Wenn in einer Familie alle voll berufstätig sind und sich bei der Betreuung des Hundes nicht abwechseln können oder zumindest im Homeoffice tätig sind, dann werden sie einem Appenzeller nicht gerecht. Idealerweise hält man einen Appenzeller ganz klar auf einem Bauernhof, weil das seinem Charakter und seinem Wesen am nächsten ist.
Wie kommt man zu einem Appenzeller?
Am besten informiert man sich zuerst über die Homepage des Clubs für Appenzeller Sennenhunde unter den Rubriken Welpenvermittlung oder gedeckte Hündinnen. Wenn man einen Hund kaufen will, holt man sich ein neues Familienmitglied. Ich empfehle jedem Interessierten, nichts zu überstürzen. Sich zuerst ein paar Zuchtstätten anzuschauen und sich mit den Züchtern auszutauschen. Es ist nicht einfach mit einem Telefonanruf getan. Warten und sich gut informieren lohnt sich.
Wie viele Zuchtstätten gibt es, wie viele Zuchthunde?
Es gibt im Moment 12 aktive Zuchtstätten, 17 Zuchthündinnen und 15 Deckrüden.
Was sagen Sie zu dem Vorurteil der «Wadenbeisser»?
Das ist ein Bild von früher, dass viele Leute auf jeden Fall haben, wenn sie an den Appenzeller Sennenhund denken. Ich habe das Gefühl, dass solche Hunde nicht gut sozialisiert waren. Wenn ein Welpe zuhinterst im Stall aufgezogen und dann vor dem Hof angebunden wird, ist es nicht erstaunlich, dass er beisst -aber das ist bei jeder Rasse wohl der Fall. Der Appenzeller Sennenhund hat die Neigung dazu etwas misstrauisch zu sein, aber mit einer guten Sozialisierung und Prägung im Welpenalter sind sie absolut unproblematisch. Ich kenne das «Wadenbeissen» von meinen Hunden nicht, im Gegenteil, es sind «erdliebe» Hunde. Das A und O ist die Aufzucht. Die Zuchthunde in der schweiz müssen ausserdem bei der Ankörung alle einen Charaktertest bestehen – ängstliche und aggressive Hunde kommen nicht in die Zucht.
Kommen Sie nächstes Jahr wieder an die BEA?
Ja. Wenn wir es schaffen, für die zehn Tage noch einmal so viele Leute hinzubringen, dann auf jeden Fall. Es ist eine gute Erfahrung.
Beenden Sie die Sätze …
Die BEA ist… ein guter Ort, um unsere schöne Rasse zu präsentieren.
Der Appenzeller Sennenhund ist… der beste Hund.
landwirtschaft ist… Leben.
Zur Person
Beatrice Castella züchtet in Sommentier FR Appenzeller Sennenhunde. Sie lebt mit ihrer Familie in einem Bauernhaus und baut biologisch gemüse an, welches sie in Form von Gemüsekörben an Familien im Ort verkauft. Im Sommer ist sie mit ihrer Familie auf der Alp Mology angestellt.
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Quelle: schweizerbauer.ch