Im deutschen Schweinemarkt geraten die Preise für Schlachtsauen plötzlich unter Druck, verursacht durch neue Anforderungen des Lebensmitteleinzelhandels (LEH). Laut Dr. Frank Greshake von der Landwirtschaftskammer NRW fordern nun viele Einkäufer des LEH speziell für hochwertige Teilstücke wie Lachs und Filet die ITW-Zertifizierung, andernfalls drohe eine Auslistung dieser Produkte.
Die neue Anforderung stellt insbesondere Sauenschlachter vor Herausforderungen, da nur ein geringer Anteil der Ferkelerzeuger bislang nach dem ITW-Standard zertifiziert ist. Dies führt zu einem Mangel an zertifizierter Ware, die den Bedarf des Marktes decken könnte. Zudem erfordert die getrennte Kommissionierung der Fleischteile einen erhöhten Aufwand, was die Kosten entlang der Wertschöpfungskette in die Höhe treibt und somit vermutlich auch die Erlöse für die Erzeuger von Schlachtsauen beeinträchtigt.
Aktuelle Zahlen der Vereinigung der Erzeugergemeinschaften für Vieh und Fleisch (VEZG) zeigen einen deutlichen Rückgang der Notierungen für Schlachtsauen um 10 Cent pro Kilogramm Schlachtgewicht Anfang Mai, während die Preise für Mastschweine stabil geblieben sind. Sollte der LEH nicht genügend ITW-zertifiziertes Sauenfleisch erhalten, so wird laut Greshake auf Teilstücke von überschweren Mastschweinen ausgewichen, auch wenn diese qualitativ nicht vergleichbar sind.
Die ITW in Bonn gibt an, dass es derzeit keine festen Fristen oder Verpflichtungen gibt, den ITW-Standard in bestimmten Produktgruppen zu garantieren. Es besteht jedoch eine freiwillige Selbstverpflichtung unter den teilnehmenden Handelsketten, möglichst Schweinefleisch mit einem Mindeststandard von Haltungsform 2 bzw. ITW anzubieten.
Branchenkenner sehen auch einen Trend zur Ausweitung des ITW-Standards in der Wurstvermarktung, was ebenfalls die Nachfrage nach nicht ITW-zertifiziertem Sauenfleisch dämpfen könnte. Die Handelsketten streben danach, den ITW-Anteil auf rund 50 % zu erhöhen. Sollte dies der Fall sein, könnte dies langfristig zu einer Aufwertung von ITW-zertifiziertem Sauenfleisch führen und die Erzeugerpreise für diese Schlachttiere potenziell steigen lassen.