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«Vegi-Initiative»: Wie denkt Ihr darüber?

Franziska Herren will mit einer neuen Initiative die - und zurückbinden. Die Initiantin der «Trinkwasser-Initiative» will mit der Umlenkung von Direktzahlungen die pflanzliche Produktion steigern. Wie denkt Ihr über die Pflanzenbau-Initiative? Stimmt ab und diskutiert mit

Nicht schon wieder, werden viele Landwirtinnen und Landwirte denken. Der Abstimmungskampf im ersten Halbjahr 2021 verlief zuweilen äussert gehässig. Das setzte auch der Initiantin zu. «Nach der Abstimmung über die Trinkwasser-Initiative war ich völlig erschöpft», sagte Franziska Herren diese Woche zu «Blick».

Teilsieg für Herren

Mit über 60 Prozent Nein-Stimmen scheiterte das Begehren, das der Landwirtschaft strengere Umweltauflagen machen wollte, deutlich. Trotz grossem Erfolg für den Schweizer Bauernverband (SBV) und Niederlage für Initiantin Franziska Herren stieg der Druck für höhere Auflagen in der Landwirtschaft massiv.

Die Bernerin hat einen Teilsieg realisiert. Ab diesem Jahr müssen die Landwirte mit dem Absenkpfad verschärfte Vorgaben einhalten, damit der Pflanzenschutzmitteleinsatz und die Nährstoffverluste reduziert werden.

Mehr Geld für pflanzliche Produktion

Und nun hat Herren offenbar wieder Kraft gefunden. Gegenüber «Blick» sagte sie weshalb: «Die Kehrtwende kam in den letzten eineinhalb Jahren. Mein Gefühl der Ohnmacht ist gewachsen. Die Land- und Ernährungswirtschaft wurde nicht auf die herrschende Klimakrise mit ihrem Wassermangel vorbereitet. Und unsere Lebensmittelversorgung ist zur Hälfte vom Ausland abhängig.»

Schweizer Bauern sollen mehr pflanzliche und weniger tierische Lebensmittel produzieren. Sie will so den Nettoselbstversorgungsgrad von heute 50 auf mindestens 70 Prozent erhöhen, sagte sie zur «SonntagsZeitung». Das 70-Prozent-Ziel soll in die Bundesverfassung geschrieben werden. Statt Futterweizen oder Gerste sollen auf den Ackerflächen also mehr Erbsen, Linsen, Hafer, Kartoffeln, Brotweizen oder Rüebli wachsen.

Sie stört sich daran, dass 60 Prozent der Ackerflächen für die Produktion von Futtermitteln genutzt werden. Ansetzen will Franziska Herren bei den Direktzahlungen. «Heute fliessen 82 Prozent der Agrarsubventionen in die Produktion von tierischen Lebensmitteln und nur 18 Prozent in den Pflanzenbau», sagte die 56-Jährige zur «Sonntagszeitung». Die Zeitung hat dem Begehren wohl auch deshalb den Namen «Vegi-Initiative» verliehen. 

Franziska Herren startet ein neue Initiative. Sie fordert, mehr pflanzliche und weniger tierische Lebensmittel zu produzieren.
Adrian Haldimann

Chance für Schweizer Bauern

Mit der Initiative will sie eine Senkung der Nutztierbestände erreichen. «Diese sind massiv überhöht», sagte Herren sie zur Zeitung. Im Visier hat sie vor allem die Schweine- und Geflügelproduzenten und Munimäster im Visier. Die Fleischproduktion will sie auf das traditionelle Gras- und Weideland beschränken. Sie führt dieselben Argumente wie bei der Trinkwasser-Initiative  ins Feld. «Düngerüberschüsse zerstören die Biodiversität, schädigen Bodenfruchtbarkeit, Gewässer und Klima und führen zur Schliessung von Trinkwasserfassungen wegen überhöhter Nitratwerte», sagte sie zur «Sonntagszeitung».

In der Förderung der pflanzlichen Produktion sieht Franziska Herren Chancen für die Schweizer Bauern. Pflanzlicher Fleischersatz sei einer der grössten Wachstumsmärkte. Denn heute werde der grösste Teil der Rohstoffe für Produkte wie Fleischalterativen importier. Diese Entwicklung müsse der Bund für eine bessere Ernährungssicherheit und mehr Ökologie unterstützen. Sie will den Konsum von pflanzlichen Lebensmitteln fördern. Sie will aber die Bevölkerung nicht zwingen, weniger Fleisch zu essen.

Herren will der Bevölkerung den Fleischkonsum nicht verbieten.
Swissmilk

SBV: Alter Wein in neuen Schläuchen

Auf den ersten Blick wirke die Initiative so, als würde sie alten Wein in neuen Schläuchen präsentieren, heisst es beim SBV auf Anfrage. Offenbar habe Herren Mühe, demokratische Entscheide zu akzeptieren, sagt Mediensprecherin Sandra Helfenstein. «Vor allem hat sie nach wie vor nicht begriffen, dass alles, was wir nicht selbst produzieren, einfach aus dem Ausland kommt.»

Der von Herren angestrebte Nettoselbstversorgungsgrad von 70% sei ein theoretischer Wert, der sich nicht mit einer Umgestaltung der Schweizer Landwirtschaft erreichen lasse. Das würde laut Helfenstein bedingen, dass die Bevölkerung ihr Konsumverhalten komplett ändere und keinerlei Food Waste mehr anfallen würde. «Beides liegt nicht in der Hand der Bauernfamilien oder auch nicht der Agrarpolitik», sagt die SBV-Sprecherin zu «Schweizer Bauer».

«In der Landwirtschaft versuchen wir, entsprechend der geografischen Möglichkeiten zu produzieren», sagte Mathias Rüesch, Geschäftsführer des St.Galler Bauernverbandes, zu Radio «Radio FM1». Bergige Regionen wie im Toggenburg würde sich überhaupt nicht für den Anbau von oder Gemüse eignen. «Da wächst nun mal nur Gras. Und das ist nicht für den menschlichen Verzehr geeignet», so Rüesch.

Keine Zeit für Fragen von «Schweizer Bauer»

«Uns Landwirtinnen und Landwirten wird mit solchen Initiativen immer wieder vor Augen geführt, wie wenig Ahnung die Gesellschaft vom landwirtschaftlichen Beruf hat», sagte Martin Willi, Direktor des landwirtschaftlichen Zentrums St.Gallen, zum Radiosender. Die Initiative sei für das landwirtschaftliche Zentrum eine gute Möglichkeit, die landwirtschaftliche Tätigkeit zu reflektieren und sachliche Argumente für beide Seiten zu formulieren. So wie die Initiative formuliert sei, bringe sie für einen grösseren Teil der Landwirtschaft nicht viel Änderungen mit sich. Rüesch gibt sich noch vorsichtiger. Er will zuerst den ausformulierten Text abwarten.

Der «Schweizer Bauer» wollte Franziska Herren über ihre Beweggründe und Hintergründe zur Lancierung der neuen Initiative befragen. Die Bernerin antwortete, sie habe keine Zeit, auf Fragen des «Schweizer Bauer» zu ihrer Initiative zu antworten.

Was haltet Ihr von der Pflanzenbau-Initiative von Franziska Herren. Bietet Sie den Bauern neue Chancen und Perspektiven? Oder erachtet Ihr diese als grosse Gefahr? Stimmt ab und diskutiert mit.

SVP hat ebenfalls Initiative

Die Vegi-Initiative ist ein Gegenentwurf zur SVP-Selbstversorgungsinitiative. Lanciert ist diese noch nicht. Der Schwyzer Landwirt und Nationalrat Marcel Dettling (SVP) sagt auf Anfrage: «Zum Glück haben wir bereits im vergangenen Herbst die Arbeit für unsere Initiative aufgenommen. Die Gegner der Landwirtschaft schlafen nicht.» Man führe auch in dieser Session Gespräche mit möglichen Partnern. «Denn es ist klar, wenn wir gewinnen wollen, muss das Projekt breit abgestützt sein», sagt Dettling. Bei dieser Initiative geht es um eine Steigerung des Selbstversorgungsgrads und eine Stärkung der Viehwirtschaft. Zuletzt war von einem Netto-Selbstversorgungsgrad für Lebensmittel von 60% die Rede.

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ganzen Artikel lesen ▸ Quelle: schweizerbauer.ch

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