Eine klimaneutrale Energieversorgung ist in der Schweiz laut Expertinnen und Experten technisch machbar und bezahlbar. Voraussetzung sei aber ein effizienter Stromhandel mit den Nachbarländern, sowie ein rascher Ausbau erneuerbarer Energiequellen, hiess es von der ETH Zürich am Mittwoch.
Zu diesem Schluss gelangte die Expertengruppe Versorgungssicherheit des Energy science Center an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich (ETH Zürich) in einem neuen Bericht.
Für das sogenannte Whitepaper analysierten die Forschenden mehrere voneinander unabhängige Energiesystemmodellen des ETH-Bereichs, mittels derer vier Energieszenarien einer Netto-Null-Zukunft bis zum Jahr 2050 gebildet wurden. Diese Szenarien unterscheiden sich in den zugrundeliegenden Annahmen, ob der Stromhandel mit Nachbarstaaten eingeschränkt und eine Kompensation der verbleibenden CO2-Emissionen im Ausland möglich ist oder nicht.
Strombedarf steigt
Simulationen aller vier Szenarien ergaben, dass mit der Elektrifizierung des Transport- und Heizwesens zwar der Gesamtenergiebedarf sinken, der Strombedarf aber von derzeit jährlich 60 Terawattstunden (TWh) auf mindestens 80 bis 100 TWh ansteigen würde.
«Erfolgen die Elektrifizierung und der Zubau der Erneuerbaren gleichzeitig, steigen Verbrauch und Erzeugung in Einklang und eine rasche Dekarbonisierung wird ermöglicht», sagt Gaby Hug, ETH-Professorin für elektrische Energiesysteme. Bei Fernverkehr und Luftfahrt, deren Elektrifizierung deutlich komplizierter ist, könnten (importierte) Bio- und synthetische Kraftstoffe die Nachfrage stillen.
Ausbau und Integration
Durch einen raschen Ausbau erneuerbarer Energiequellen und durch eine langfristige Integration der Schweiz in den europäischen Strommarkt kann dieser wachsende Strombedarf laut der Expertengruppe aber gedeckt werden. Insbesondere müssten laut der Analyse saisonale Energiespeicher und Technologien wie alpine Photovoltaik oder windkraft gesteigert werden, um den Bedarf an Stromimporten im Winter zu senken.
Als weitere Option erwähnt das Whitepaper die Kernkraft. Solange bestehende Kraftwerke laufen, können sie demnach den Umbau zu einem fossilfreien Energiesystem unterstützen. Mit neuen Reaktoren sei jedoch angesichts fehlender politischer Rahmenbedingungen sowie nur schwer kalkulierbarer Baukosten und -zeiten kaum vor 2050 zu rechnen.
Kosten
Die Expertinnen und Experten rechnen im Bericht auf der Basis früherer entsprechender Studien mit Mehrkosten von zwischen 380 und 600 Franken pro Kopf pro Jahr. Dies unter der Prämisse, dass ein hoher Grad an Versorgungssicherheit sowie ein funktionierender Energiehandel mit den Nachbarländern erreicht werden. Je nach getroffenen Annahmen in den Studien könnte die Schweizer Energiewende laut dem Bericht aber auch zu Einsparungen führen.
In den nächsten Jahrzehnten müsse ausserdem unabhängig davon, wie das zukünftige Energiesystem aussehen wird, massiv ins Energiesystem investiert werden, so die Experten in der Mitteilung der ETH Zürich. Zudem bringe ein fossilfreies Energiesystem auch weitere Vorteile, wie etwa eine verbesserte Luft-, Wasser- oder Bodenqualität.
«Unsere qualitative Analyse zeigt, dass sich eine vollständige Dekarbonisierung des Schweizer Energiesystems mit einer hohen Energiesicherheit unter bestimmten Bedingungen vereinbaren lässt», sagt ETH-Professorin Gaby Hug. «Die Herausforderungen sind gross, aber bewältigbar», führt sie aus.
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Quelle: schweizerbauer.ch