Können die Gewinnerinnen der «Klima- und Frauenwahl» von 2019 ihre Sitze verteidigen? Oder schaffen es die Bürgerlichen, ihre guten Resultate bei den kantonalen Wahlen auf nationaler Ebene zu bestätigen? Die Ausgangslage für die Nationalratswahlen im Herbst ist in einigen Kantonen völlig offen.
Wenn man die diesjährigen kantonalen Wahlen in Genf, Zürich, Luzern, Tessin und Basel-Landschaft betrachte, dann sei die Grüne Welle der letzten eidgenössischen Wahlen vor vier Jahren gestoppt worden, sagte Politologe Nenad Stojanovic gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Im Kanton Bern zum Beispiel hatten die Grünen damals auf Kosten der SP zwei Sitze dazugewonnen. Diese könnten nun gefährdet sein.
Der Kanton Zürich wird wegen seines anhaltenden Bevölkerungs-Wachstums einen Vertreter mehr nach Bern schicken können. Die meisten dieser neu 36 Sitze dürften von bekannten Politikerinnen und Politikern gehalten werden. Denn es treten im Herbst praktisch alle Bisherigen erneut an.
Wer die frei werdenden Sitze der zurücktretenden Roger Köppel (SVP) Doris Fiala (fdp) und Angelo Barrile (SP) und den zusätzlichen Zürcher Sitz erobern wird, lässt sich derzeit noch nicht abschätzen – zumal auch allfällige Listenverbindungen noch nicht bekannt sind.
Kampf um restliche Sitze in Basel-Stadt
Im Gegensatz zu Zürich muss der Kanton Basel-Stadt einen Sitz abgeben: Und dieser Umstand prägt den dortigen Wahlkampf. Da alle fünf Bisherigen erneut antreten, wird mindestens eine oder einer der amtierenden Nationalrätinnen und Nationalräte über die Klinge springen müssen.
Wer das sein wird, ist auch in Basel-Stadt absolut offen. Als Wackelkandidatin gilt vor allem Katja Christ von der GLP. Sie hatte 2019 die Wahl auf dem stimmenmässig weit abgeschlagenen fünften Platz nur dank einer umstrittenen Unterlistenverbindung geschafft, die inzwischen nicht mehr erlaubt ist.
SVP geht in die Offensive
Auch im Kanton Aargau sorgt die Frage für Spannung, ob die SVP unter Führung von Parteipräsident und Nationalrat Andreas Glarner den verlorenen siebten Sitz zurückgewinnen kann. Die SP will nach dem Verzicht von Yvonne Feri den dritten Sitz verteidigen.
Die Mitte muss auf ihr langjähriges Aushängeschild Ruth Humbel verzichten. Humbel machte bereits vor der Erneuerungswahl dem drängenden Nachfolger Andreas Meier Platz. Internen Druck gibt es auch bei den Grünliberalen: Nationalrat Beat Flach ist seit 2011 im Amt – und im Aargau hat die Partei ehrgeizige Aushängeschilder.
Im Kanton St. Gallen hatten die SVP und die Mitte vor vier Jahren je einen Nationalratssitz verloren. Gewinnerinnen waren die Grünen mit der damals 27-jährigen Franziska Ryser und die GLP, für die der Klimatologe Thomas Brunner ein Mandat holte. Falls der aktuelle nationale Trend anhält, könnte das Pendel nun wieder zurückschlagen.
Bündner SP herausgefordert
Der Kampf der SVP um die Rückeroberung ihrer Sitze steht auch in den Kantonen Graubünden und Glarus im Fokus. 2019 verlor die Volkspartei in beiden Kantonen je einen Sitz an Links-Grün. In Graubünden geht sie deshalb gleich mit zwei Listen an den Start: Magdalena Martullo-Blocher will für eine weitere Legislatur nach Bern, und der Bündner Bauernpräsident Thomas Roffler fordert die SP heraus.
Führt sich der Wahl-Trend aus anderen Kantonen fort, dürfte es für die SP schwierig werden, ihre zwei Sitze im Nationalrat zu halten. Die Partei schickt nun neben ihrem Aushängeschild, dem bisherigen Nationalrat und Vize-Präsidenten der SP schweiz Jon Pult, drei Bündner Grossrätinnen und einen Grossrat ins Rennen um den freiwerdenden Sitz.
Freiburger Linke geeint im Wahlkampf
Auch im Kanton Freiburg will die SVP den vor vier Jahren verlorenen Sitz zurückerobern. Damals wurde Jean-François Rime, ehemaliger Präsident des Schweizerischen Gewerbeverbands, nicht wiedergewählt. Der 37-jährige Grossrat und Fraktionspräsident Nicolas Kolly soll dieses Ziel für die SVP erreichen.
Für die linken Parteien wird es ein harter Kampf, um die drei Sitze zu behalten: zwei für die SP und einen für die Grünen. Vor vier Jahren eroberte Gerhard Andrey (Grüne) einen Sitz. Doch die Linke hat Ambitionen und geht geeint in den Wahlkampf. Bei den Bürgerlichen gibt es keine breite Allianz, denn die Mitte will zum jetzigen Zeitpunkt keine Listenverbindung mit der SVP eingehen.
Zwei gewichtige Abgänge in Genf
In Genf treten zwei Schwergewichte nach vier Legislaturperioden nicht mehr an. SVP-Mann Yves Nidegger gibt seinen Sitz noch im Laufe dieses Monats an Thomas Bläsi ab, während der Freisinnige Christian Lüscher das Bundeshaus im Herbst nach 16 Jahren verlässt.
Die SP hat sich das Ziel gesteckt, ihren vor vier Jahren verlorenen dritten Sitz in der grossen Kammer zurückzuerobern. Am ehesten zugetraut wird dies dem Genfer Stadtmagistraten Sami Kanaan, der neben den Bisherigen Laurence Fehlmann Rielle und Christian Dandrès auch bei anderen Wählergruppen Stimmen machen könnte.
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Quelle: schweizerbauer.ch